Vorwort
In Franken kam es in den 90er Jahren des 16. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu besonders grausamen und umfangreichen Serienprozessen, in denen zahlreiche Menschen wegen Hexerei und Zauberei angeklagt, verhört, gefoltert, zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden.
Die Geschehnisse an zahlreichen Hinrichtungsorten werden, soweit sie aktenkundig wurden, aufgezeigt, zahlreiche Opfer namentlich genannt und ihr Schicksal dargestellt. Genaue Opferzahlen sind wegen
der lückenhaften Quellenlage nicht möglich. Wir zählen auch diejenigen zu den Opfern, die wegen Hexerei angeklagt, aber nicht hingerichtet wurden. Sie wurden oftmals vertrieben und ihre
Hinterlassenschaft eingezogen. Ihre Familienangehörigen waren gebrandmarkt. Oftmals wurden sie auch bestraft.
Franken in den Grenzen des 16. und 17. Jahrhunderts war in zahlreiche kleine und größere Herrschaftsgebiete aufgeteilt, die jeweils ihr eigenes Hochgericht besaßen und eigene Rechtsverfahren
durchführten. Darauf waren die Regierenden stolz. Einige Herrschaften sowohl weltliche wie geistliche ernannten eigene Hexenkommissäre, die das Delikt der Hexerei und des Teufelsbundes nach eigenen
Gesetzen richteten. Dies war vor allem in den Fürstbistümern Würzburg, Bamberg und Eichstätt der Fall und in dem Fürstentum Coburg. Die Reichsstädte folgten dem Kaiserlichen Recht, der
Carolina.
Da auch noch während des 2. Weltkrieges Prozessakten verloren gingen, müssen sich viele Auskünfte auf ältere Literatur beziehen, die Unterlagen auswertet, die von den Historikern damals noch
eingesehen werden konnten.
Die vorliegenden Texte beruhen auf ausgewählten Prozessakten, auf regionaler Forschung und Literatur. Für Franken sind in den letzten Jahren nur wenige kompetente Veröffentlichungen erschienen.
Soweit sie mir bekannt wurden, wurden sie besonders vermerkt.
Die Texte stammen teilweise aus der Ausstellung Hexenverfolgung in Franken 16.-18. Jahrhundert und dem Begleitbuch [1]. Weitere Texte kamen hinzu. Alle Texte wurden überarbeitet.
Inzwischen ist die Geschichtsforschung der Universitäten zur Hexenverfolgung in Europa weit gediehen und die Zahl der Veröffentlichungen kaum mehr zu übersehen [2]. Der Forschungsstand für Franken
ist immer noch unbefriedigend.
Um den Lesern ein eigenes Urteil zu ermöglichen, werden die Quellen ausführlich in vereinfachter Schreibweise zitiert, aber von Thesen und Mutmaßungen Abstand genommen.
Die Darstellung der Geschehnisse an den wichtigsten Prozessorten Frankens, eingebettet in die politischen Ereignisse, ermöglicht eine Übersicht und ein vergleichendes Überdenken der letztlich
unerklärbaren Hexenverfolgung.
Abschließende Ergebnisse sind vermutlich wegen der Lückenhaftigkeit des Quellenmaterials kaum möglich.
In Franken sind Verfolgungsforderungen der Bevölkerung bei der Obrigkeit, wie sie anderenorts überliefert sind, kaum bekannt, aber die Zusammenhänge mit der Gegenreformation und dem Erstarken der
siegreichen katholischen Kirche im Laufe des dreißigjährigen Krieges werden deutlich. Hexenprozesse dienten auch der Disziplinierung und der Rekatholisierung der Untertanen, sie verbreiteten Angst
und Schrecken.
Die Texte können die Ereignisse in Franken bekannter machen, weitere Regionalforschung anregen, den schlimmen Verfolgungen und ihrer Besonderheit in dieser Region eine angemessene Beachtung
verschaffen, das schuldlose Leiden und die oftmals heldenhafte Standhaftigkeit der Opfer würdigen und ihrer ehrend gedenken.
Birke Grießhammer
Historikerin
September 2012
Quellen dieser Seite:
[1] Sonja Eckert, Katharina Fürst, Ute Freißler, Gisela Lang, Barbara Michler, Gabriele Moritz und Alison Rowlands haben in den 90er Jahren unter der Federführung von Birke Grießhammer im Kulturreferat der Stadt Erlangen ehrenamtlich die Wanderausstellung erarbeitet. Die Grafikerin Verena Osgyan hat insgesamt 98 Tafeln mit Papiertexten und Fotos gestaltet. Einige Zeichnungen stammten von der Künstlerin Carola Singer – Dorndorff (+). Die Ausstellung wurde von 1997-2003 in 20 Orten gezeigt. Begleitbuch zur Ausstellung: Birke Grießhammer (Hg.), Drutenjagd in Franken 16. – 18. Jahrhundert, 1999, Erlangen, Nürnberg, ISBN 3-930349-06-X. in mehreren Auflagen.
[2] Forschungsstand in www.historicum.net. Leider sind dort nur wenige Untersuchungen zu Franken verzeichnet. Gesprächsforum zur Rehabilitierung: www.anton-praetorius.de