Das Auffliegen und Sabbattreffen

Aus der Mythenforschung und der Archäologie wissen wir einiges über heidnische Kulte in unserer Gegend. So werden in Franken an in verschiedenen Orten keltische Heiligtümer vermutet, die auch in christlicher Zeit besucht wurden. Das ländliche Brauchtum als Fruchtbarkeitszauber zu den verschiedenen Jahreszeiten, besonders zur Sommersonnenwende und zu Walpurgis, erzählt uns von jahrhundertealter Magie.

Das Christentum hat sich bei den Germanen nur schwer durchgesetzt, und noch in Heiligenlegenden wird von der Verwüstung heidnischer Kulte oder heiliger Bäume berichtet. Diese Zerstörung sollte zeigen, daß die heidnischen Götter machtlos seien. Später verboten mehrfach Papstbullen die Anwendung von Magie oder heidnischen Gebeten beim Kräutersammeln oder beim Heilen. Zauber, Magie, Anbetung heidnischer Göttinnen und geheimnisvolle Treffen scheint es in Franken noch lange Zeit gegeben zu haben.

 

In den ersten Aussagen einer Hexenprozessserie in Miltenberg wurden Treffpunkte genannt, die aus heidnischer Zeit als wichtige Stätten oder Kultorte bekannt waren. Der Blocksberg ist in diesem Zusammenhang am bekanntesten. In unserer Gegend wurden als Orte, auf denen Hexentreffen stattfanden, die Ehrenbürg (das Walberla) in der Fränkischen Schweiz oder der Staffelberg genannt.

 

In Weißenburg sagten die zwei Frauen aus, dass Hexentreffen im Weißenburger Wald, bei der Hechenberger Linde und einer alten Eiche stattgefunden hätten. Diese Ortsbezeichnung ist noch heute bekannt.

 

Besondere Bäume wurden von den Kelten kultisch verehrt und es war üblich, dort Zeichen der Verehrung anzubringen. Vom Hl. Martin, dem Patron der Franken, ist überliefert, daß er als christlicher Eiferer heidnische Kultbäume fällen ließ. In der Martinskirche Forchheim zeugt ein Altarbild von dieser Gott gefälligen Tat.

 

In Miltenberg wurden in den Verhören 59 geographisch festlegbare Orte genannt. Es waren vor allem Quellorte oder landschaftlich markante Plätze.Mehrere Sagen von einem heidnischen Hexentanzplatz wurden von der Ehrenbürg in der Fränkischen Schweiz berichtet.

Vermutlich hatte auch die Heilige Walpurga eine heidnische Vorgängerin, die ähnlich wie die Holle in einem weißen Gewand mit herrlicher Krone als gute Fee barfuss über das Land ging. Unter ihren Tritten sollen Blumen erblüht sein. Noch heute wird am Tage nach der Walpurgisnacht am 1. Mai auf dem Walberla ein Volksfest gefeiert.

 

In zahlreichen Hexenprozessen wurden vor allem Frauen befragt, ob sie an Hexentreffen teilgenommen hätten, wie sie dorthin gekommen seien und wer dabei gewesen sei. An die Hexentreffen vor allem auf Bergen glaubten zu Beginn der Hexenprozesse vermutlich auch zahlreiche Gelehrte wie Luther, und es stand für die weltlichen und geistlichen Inquisitoren fest, daß Hexen und Zauberkundige mit Hilfe einer Flugsalbe, die sie auf Besenstiele und den Körper aufgetragen haben sollen, dorthin gelangten.

 

Bis weit in das 18. Jh. hinein wurden diese vermuteten Treffen als gottlose Orgien und Teufelswerk bekämpft. Ungezählte Frauen sagten in der Folter aus, beim Sabbattreffen weitere Frauen, Männer und Musikanten besondere Pfeifer dort gesehen zu haben. Im 17./18. Jh. war vermehrt auch von Zauberern und Geistlichen, die dort gewesen seien, die Rede.

Die abwegige Idee der Sabbattreffen, auf der die Peiniger beharrten, war der Grund für ungezählte weitere Beschuldigungen und Verhaftungen. So zog ein Prozeß weitere Prozesse nach sich, die jeweils mit christlichem Glaubenseifer begründet wurden, aber vermutlich auch der Beseitigung unliebsamer Personen dienten.

Zahlreiche Radierungen und Holzschnitte des 16. und 17. Jahrhunderts zeigen solche Hexentreffen oder Teufelsprozessionen. Sie wurden wohl gerne gekauft.

 


Die Sage von den Hexen auf der Ehrenbürg

„Die Ehrenbürg bei Forchheim, ein der heiligen Walpurga geweihter Berg, war ein bedeutsamer Treffpunkt des Hexenvolkes. Hier, am Platze einer heidnischen Kultstätte, wollte Walpurga  eine christliche Kapelle zu errichten, worüber sich jedoch die Dämonen des Bergplateaus erbosten und mit Felsbrocken nach der heiligen Frau warfen. Diese vermochte die Unholde zu zwingen, ihr beim Kirchenbau zu helfen. Zum Dank für die Unterstützung schenkte sie ihnen für die Nacht zum 1. Mai die Freiheit wieder und erlaubte den Druden und Hexen samt ihren Buhlen, in dieser geheimnisvollen Nacht fortan auf der Ehrenbürg ihr gespenstisches Fest zu begehen.

Die Feuer, die sonst zu Ehren der Gottheit loderten, wurden nach der Christianisierung wohl beibehalten, jetzt aber zur Vertreibung der Hexen entzündet und “Hexenfeuer” genannt. Statt der ehemaligen Hammerzeichen des Donnergottes, womit man sich seines Schutzes versichern wollte, malte man nunmehr drei Kreuze an die Türen der Häuser und Ställe, um die Hexen abzuhalten. Nicht selten sah man in diesen gehaßten Dämonen keineswegs unirdische Gestalten, sondern Leute aus dem eigenen Dorfe, die ihre Seele dem Teufel verschrieben hatten, und mit Eifer wurde versucht, solche Mitmenschen zu entlarven.“ [1]


 

Hexentanzplätze

Aus dem üblichen Fragenkatalog beim peinlichen Verhör:

  • Inquisitin auch die Hexentänze besucht und wieviel Jahre lang?
  • Wieviel Tänze in einem Jahre gehalten worden? Ob sie alle besucht?
  • Wo solche abgehalten worden?
  • Wie es bei dem Tanze zugegangen? Ob erst gegessen und getrunken und hernach getanzt worden?
  • Was sie gegessen und getrunken und wie es geschmeckt?
  • Woher sie solches genommen haben?
  • Auf welchem Ort sie getanzt?
  • Wer mit ihr getanzt?
  • Wer vorne getanzt, wer vor ihr und nach ihr getanzt?
  • Ob der Ort, wo sie getanzt, licht oder dunkel gewesen?
  • Wer geleuchtet?
  • Welche und was für Spielleute sie gehört habe? Und ob sie diese gekannt?
  • Ob sie daselbst den Teufel anbeten mußten? Wie es damit hergegangen?
  • Was sie darauf beratschlagt?
  • Was für Gesellen sie gehabt, und wieviel derselben?
  • Ob sie diese gekannt, wer sie gewesen? (Dieser Punkt soll mit besonderem Ernst behandelt werden.)
  • Wie sie auf die Tänze gekommen und wie wieder davon weg?
  • Ob sie gemerkt, daß sie in der Luft fahre?
  • Wie es ihnen gewesen, als sie in die Luft gefahren?"

In den Verhören in Miltenberg wurden folgende Orte als Hexentanzplätze genannt. [2]

 

Diese Karte von Miltenberg, Bürgstadt und Umgebung wurde nach den in den Akten vorhandenen Aussagen der als Hexen Beschuldigten angefertigt (von Norbert Reichert, Lehrer in Miltenberg, 1989). Die Lage der am häufigsten genannten Tanzplätze ist in der Karte verzeichnet, wobei längst nicht alle Nennungen heute noch bestimmbar sind. Besonders häufig sind Quellen oder Brunnen angegeben.

 

An den Plätzen sollen Hexentreffen, Tänze, Hochzeiten oder Taufen abgehalten worden sein. Die Karte zeigt, daß die Angaben der Beschuldigten, was die Örtlichkeiten angeht, ernst zu nehmen waren. Die Heun- oder Hainwiesen werden noch heute als “Tanzplatz” bezeichnet.

 

Es drängt sich immer wieder die Vermutung auf, daß es bestimmte Treffpunkte für bestimmte Frauengruppen gab, die dort Verbotenes trieben. Es sind aber derzeit keine Belege für derlei Treffen von Hexen, Zauberern oder „Satansanhängerlnnen“ bekannt. Gerüchte und Vermutungen halten sich aber penetrant.

In Miltenberg und Bürgstadt wurden in der Zeit von 1594-1630 (in knapp 40 Jahren) weit über hundert Männer und Frauen als Hexen und Hexenmeister angeklagt und hingerichtet. Beide Orte waren weitgehend katholisch und gehörten damals zu Franken. Etwa 30 % der Fälle können mit dem Protestantismus in Verbindung gebracht werden.

 

Ortsangaben für Hexentreffen

 

Kresswiese                    Sumpf                   Sohlbronn

Bruckgraben                  Gänsebrunnen       Pfaffenbronnen

Steinerne Gasse             Riegelwiesen         Heunwiesen

Mainhelle                       Walsrainwiese       Hainwiesen

Martinskirche                 Säugraben             St. Wahlburg

Obere Mühle                  Säutränke             Linde am äußeren Tor

Rathausboden                Schipbächlein        Marktbrunnen

Bürgstadt                      Breite Sohl             Siechhauswiese

Söhelich                        Gaißbrünnlein         Engelplatz

Grohbanger                   Seuboltsgrünlein     Jüdenbronn

Stüeblen                        Zigeunerbrünnlein  Büdenbronn

Burckmauern                 Springerquelle        Hägelsbronn [3]

 

 

 

Fragenkatalog und Aussagen in den Prozessen

Aus dem üblichen Fragenkatalog beim peinlichen Verhör:

 

  • „Ob Inquisitin auch die Hexentänze besucht und wieviel Jahre lang?
  • Wieviel Tänze in einem Jahre gehalten worden? Ob sie alle besucht?
  • Wo solche abgehalten worden?
  • Wie es bei dem Tanze zugegangen? Ob erst gegessen und getrunken und hernach getanzt worden?
  • Was sie gegessen und getrunken und wie es geschmeckt?
  • Woher sie solches genommen haben?
  • Auf welchem Ort sie getanzt?
  • Wer mit ihr getanzt?
  • Wer vorne getanzt, wer vor ihr und nach ihr getanzt?
  • Ob der Ort, wo sie getanzt, licht oder dunkel gewesen?
  • Wer geleuchtet?
  • Welche und was für Spielleute sie gehört habe? Und ob sie diese gekannt?
  • Ob sie daselbst den Teufel anbeten mußten? Wie es damit hergegangen?
  • Was sie darauf beratschlagt?
  • Was für Gesellen sie gehabt, und wieviel derselben?
  • Ob sie diese gekannt, wer sie gewesen? (Dieser Punkt soll mit besonderem Ernst behandelt werden.)
  • Wie sie auf die Tänze gekommen und wie wieder davon weg?
  • Ob sie gemerkt, daß sie in der Luft fahre?
  • Wie es ihnen gewesen, als sie in die Luft gefahren?“

 

 

...auf ihrem Stecken gefahren und getanzt

 

„Item vor 5 Jaren sey sy uff irem Steckhen zue der Hechenberger Linden gefahren, hab ein Teuffel uff ainer Schwegel gepfiffen, sie gedanntzt und einen guetten Muet gehabt, ires Buellen Willen gepflegt, die Bößmüllerin dabey gewesen.

Item vor 5 Jaren sey sy unnd ir Buell Teuffel in den Weißenburger Wald gefahren, alda ein kleines Mendlein uff einer Schwegel Danntz gemacht, sy gedanntzt, unnd hab die Bößmüllerin alß Obriste einen Wein inn ainer lidern Hasche mit ir gebracht, den sy getrunckhen, aber nichts zue essen gehabt etc. Item bey Aychstett uff ainer Hayds sey sy vor 5 Jaren bey einem Danntz gewesen, hab ein junger Teuffel uf einer Schwegel gepfiffen, sy gedanntzt. Alß sy aber für den Waldt herauß komen, haben sy mit ihren Buellen zu schaffen gehabt und haimbgefahren, alda auch die Bößmüllerin gewesen.“ [4]

 

 

 

Die Flugsalbe

In fast jedem Verhör wurde nach dem Auffliegen gefragt. Dabei ging es nicht nur um die Salbe, die auch in den Häusern der Gefangenen gesucht wurde, sondern das Fliegen-Können galt offenbar als Merkmal der Hexen, Unholde und Geister. In der Hexenforschung wurden diese Fragen und die Geständnisse dazu oftmals als “bloßer Aberglaube” abgetan und der Sache wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Das Fliegen hat man offensichtlich nur Frauen zugetraut. Männer - besonders in den späteren Prozessen in Eichstätt und Zeil - sollen sich lediglich zu Tänzen, zu Teufelstaufen oder zu ausschweifenden Festen an verschiedenen Orten getroffen haben, sind dorthin aber zumeist nicht geflogen.

 

Die meisten Ankläger, insbesondere Kleriker und Henker, glaubten, daß Hexen fliegen und sich in Tiere verwandeln können. Einige Juristen, z.B. Dr. Scheurl in Nürnberg und Juristen in Rothenburg, haben das allerdings als Unsinn abgetan. Trotzdem glaubten die Hexenrichter und Henker offenbar fest an das Auffliegen, denn die Verdächtigten wurden überall gefesselt, angekettet oder in den Stock getan. Die Schlüssellöcher wurden verschlossen und lange Haare, als Sitz der überirdischen Fähigkeiten, abgeschnitten.

 

Besonders in ländlichen Gebieten gehörte der Hexenflug zu einem wichtigen Anklagepunkt. Er galt als böse Hexerei und war daher verdammenswert. In jüngster Zeit wird in der Forschung wieder mehr der volkskundlichen Überlieferung getraut. Diese vermeintlichen Fähigkeiten werden mehr im Zusammenhang mit dem offenbar noch weit verbreiteten Glauben an germanische oder keltische Gottheiten, wie Wotans wilde Jagd oder den Zug der Göttin oder Frau Holle in Einklang gebracht. 

 

 

 


Quellen dieser Seite:

[1]  Heinz Büttner, Sagen Fränkische Schweiz, 1994

[2]  Norbert Reichert, Hexer und Hexen aus Miltenberg  und der Cent, Miltenberg, 1989.

[3]  Reichert, 1989.

[4]  Aussage von Barbara, Michael Bauners Hausfrau aus Weiboldshausen bei Weißenburg, Stadtarchiv Weißenburg, A 1057. Transscribiert von  Archivar  Kammerl