Liebeszauber

Liebeszauber in Nürnberg

Liebeszauber sind magische Handlungen, durch die die Liebe oder das sexuelle Verlangen eines anderen angeregt werden sollen. Den Druden oder Hexen wurde schon seit Alters her nachgesagt, daß sie sich auf derlei Dinge verstünden und es standen allerlei Getränke und Zauber zur Verfügung, die bei entsprechenden Wünschen vermutlich für Geld zur Anwendung kamen.

Liebestränke kommen auch in den Mythen und Sagen vor, z.B. bei Tristan und Isolde, wo das Vertauschen des Trankes erst zu den Wirren und dem tragischen Ende führte.

Auch im Alten Testament wird erzählt, wie sich Frauen ihren Auserwählten geneigt machten. Zahlreiche Mittel sind bis heute zu diesem Zwecke und zur Herstellung der Potenz bei Männern bekannt. Ob Alraune, Rosmarin oder die “spanische Fliege” dem Wunsche entsprechend wirkten, ist bis heute nicht geklärt. Gemahlenes Nashorn steht immer noch hoch im Kurs.

 

Im Zuge der neuen Moral und der strengen Sittengesetze in den Städten um 1500 galten allerdings diese Praktiken als teuflisch und waren strafbar. Dahinter stand wohl auch der Wunsch, die freie Liebe der Frauen zu unterbinden und ihre eigenständige Partnerwahl zu unterbinden.

 

In zahlreichen Hexenprozessen, besonders in den frühen Jahren der Verfolgung, wurde Liebeszauber auch in Franken als Anklagepunkt verzeichnet.

Zu dieser Zeit hatten Frauen ihren Ehemännern auch sexuell gehorsam zu sein. Eigenes Liebesverlangen oder gar sexuelle Begierde galten als sündhaft, besonders bei einer Frau. Immer wieder wird die liebeshungrige Frau mit der Hure gleichgestellt und ihr teuflische unersättliche Gier zur Last gelegt. Sie wurde auf einem Ziegenbock reitend dargestellt, was ihre übergroße Begierde meinte. Ihr gottloses und unstillbares Verlangen sollte sie, so wurde geglaubt, in die Arme des Teufels treiben.

 

Die Hexen wurden auch beschuldigt, Männer impotent zu zaubern und ihre Glieder zu stehlen. Das ist auch im Hexenhammer nach zu lesen.

 

Das Menstrualblut der Frau wurde jetzt als giftig und krank machend gefürchtet. Jahrhunderte lang wurde es als fruchtbringend und Leben spendend verehrt.

Glückliche Sexualität und Liebeslust waren bei der Geistlichkeit mehr und mehr verpönt. Sie galt als sündhafte Wollust und Teufelswerk. Enthaltsamkeit vor allem für Geistliche war gottgefällig und galt als Bonus bei der Anwartschaft auf das Himmelreich. Bis heute hält der Papst streng am Zölibat für Geistliche fest.

 

Sexueller Verkehr war lediglich Eheleuten zur Fortpflanzung gestattet. Das war eine eheliche Pflicht, die auch ohne Lust zu erfüllen war. Dennoch waren Ehefrauen wegen der Erfüllung ihrer ehelichen Pflichten von Sünden befleckt und die Neugeborenen ebenfalls bis zur Taufe mit der Erbsünde belastet. Es wird berichtet, dass viele Ehepaare nur im Hemd miteinander verkehrten.

 

Leibfeindlichkeit, die von der Kirche gepredigt wurde, führte zu Beginn des 16. Jahrhunderts dazu, daß Frauenhäuser z. B. in Nürnberg geschlossen, der voreheliche Verkehr unter Strafe gestellt und schwangere Dienstmägde aus der Stadt vertrieben wurden.

Bei den grausamen Folterpraktiken in den Hexenprozesse z. B. das grausame Sitzen auf dem Bock wurde der Voyeurismus der Folterknechte deutlich.

 

 

Unfehlbar Liebe einzuflößen

(Ein Rezept für Liebeszauber).

 

„Am Abend vor dem Tage St. Johannis pflücke man, ohne an diesem Tage bis dahin das Mindeste genossen zu haben, gerade in dem Augenblick vom Sonnenuntergange, 13 Stengel von dem Kraute Efula campanula. Man trockne sie, nicht am Feuer, nicht an der Sonne, sondern im Schatten und nachts im Mondschein. Sobald sie trocken sind, verwandle man sie in ein staubfeines Pulver, und menge dazu etwas ebenso fein gestoßenen grauen Umbra; dieses Pulver trage man 13 Tage und 13 Nächte auf dem Herzen, und suche dann irgendeinen Weg, etwas davon der Person, deren Liebe man gewinnen will, in Speisen oder Getränke beizubringen. Der schönste Erfolg wird nicht lange auf sich warten lassen.“ [1]

 

 

In Nürnberg fand der erste große Prozeß wegen Zauberei und Hexerei 1520 statt. Els Gernoltin, genannt die schwarze Els, und Anna Sewrin wurden wegen Liebeszauberei angeklagt.

Die Els soll in verschiedenen Weihern kleine Fische gefangen haben, diese soll sie “in ihre weibliche Scham”, also in ihre Vagina, gesteckt und dann gewartet haben, bis das Tier tot war.

Auch soll sie die Fischlein in Menstrualblut getötet und anschließend gebacken ihrem Geliebten zum Essen vorgesetzt haben. Der Mann soll gestorben sein.

Sie wollte damit bewirken, daß die Männer sie “sollten lieb haben.”

Dies jedenfalls gestand sie in der Folter.

Die Freundin und gelehrige Schülerin Anna Sewrin soll ähnliches bei ihrem Ehemann gemacht haben.

Beide Frauen “gestanden” in der Folter.

Die drei Juristen Dr. Dotzler, Dr. Protzer und Dr. Scheurl empfahlen wegen der schändlichen Zauberei und zur Abschreckung die Todesstrafe.

So wurde die Schwarze Els wegen Liebeszauber in der Pegnitz ertränkt. Die Anna Sewrin, da sie den Zauber nur an ihrem Ehemann vollzogen habe, wurde wohl freigelassen. [2]

 

 

Was alte Weiber zaubern können

 

„Viele alte Weiber können die Herzen verwandeln zu Liebe oder Feindschaft.

Etliche beten den Teufel an, Sterne, Sonne und Mond.

Viele sagen, sie können Ungewitter machen.

Etliche stehlen das Schmalz aus dem Kübel, derweil man es rührt.

Manche Dummen sprechen, die Trutte sei ein altes Weib und komme die Leute saugen, und etliche glauben, der Alpe minne die Leute.

Etliche sagen, der Schrattel sei ein kleines Kind, so gering (leicht) wie der Wind und ein verzweifelter Geist.

So nutzen etliche den Erdschnitt zu mancherlei Zauberei.

Viele sagen, man stehle der Kuh die Milch aus der Wammen.

So sind auch etliche Ammen, dieselben nehmen die jungen Kinder, so sie erst geboren sind, und stoßen’s durch eine Häle (Kette und Haken, woran der Kessel über dem Feuer hängt).

Viele können salben den Kübel, daß sie oben ausfahren.

Etliche sind so behend, daß sie fahren 100 Meilen gar in einer kleinen Weil’. Manche meint, sie könne auch wohl Regen hin- und her wenden.

Etliche nehmen Katzengestalt an.

So findet man Zauberinnen unrein, die Leuten den Wein trinken aus den Kellern verstohlen, dieselben heißet man Unhollen.

So fahren etliche “mit der Var” auf Kälbern und auf Böcken durch Stein und durch Stöcken...“ [3]

 

 

Potenz steigernde Mittel

Eine positive Wirkung bei Impotenz, mangelnder Leidenschaft und unerfüllter Liebe erhoffte man sich von zahlreichen Aphrodisiaka genannten Mitteln. Den Hexen sagte man nach, Aphrodisiaka zu nutzen, um in widernatürliche sexuelle Beziehung zum Teufel treten und ausschweifende Orgien feiern zu können.

Vom heutigen Stand der Wissenschaft aus betrachtet, besitzen die als Aphrodisiaka verwandten Mittel meist keinerlei direkt wirksame Inhaltsstoffe, die die Anwendung erklären könnten. In Mythen wird davon berichtet.Heute glauben noch viele an die Potenzsteigerung von Nashörnern oder damals vom Einhorn.

 

Die spanische Fliege (Lytta vesicatoria) ist ein 12-20 mm langer, blaugrün schimmernder Ölkäfer. Die Käfer werden getrocknet und pulverisiert. Das Cantharidin im Blut dieses Insektes bewirkt eine Dauererektion, es ist aber sehr giftig.

 

Die Alraune (Mandragora officinarum) zeigt kugelige gelborange Beeren und eine fleischige Wurzel, die wie eine menschliche Figur aussieht.

Man glaubte, dieses Pflanzenwesen wachse unter Galgen und werde von Hexen mit dem Sperma der Gehängten ernährt. Es wurde gemunkelt, man könne diese Pflanze nicht ungestraft ausgraben, denn sie schreie ganz fürchterlich. Durch das Buch Harry Potter wurde dieses Pflanzenwesen wieder bekannter. Die Wurzeln enthalten die Atropine Hyosyamin und Scopolamin. Diese  verursachen Euphorie, Rauschzustände und Halluzinationen, begleitet von Desorientierung und Unruhe bis zur Raserei.

 

Der Stechapfel (Datura stramonium) wächst einjährig mit stacheligen Früchten. Sie besitzen Tropanalkaloide, die zur Raserei führen können. Stechapfel und Mandragora gehörten zu den Bestandteilen von Hexensalben.

 

Der Rosmarin ist ein immergrüner, 1-2 m hoher Strauch aus der Familie der Lippenblütler mit einem würzigen Duft. Früher wurde Rosmarin bei Taufen, und bei Beerdigungen gebraucht.

Rosmarin war der Liebesgöttin Aphrodite geweiht. In Franken setzten Bäuerinnen ihren Stolz darein, einen kräftigen und schön blühenden Rosmarin zu hegen, denn das war das Zeichen für eine glückliche Ehe. Viele Brautpaare schmückten sich zur Hochzeit mit dem wohlriechenden Kraut, und die Kranzjungfer setzte dem Bräutigam ein Rosmarienkränzlein auf das Haupt.

Nach der Hochzeit steckten die Brautleute ein Zweiglein in die Erde, und wenn es gut anwurzelte, so verhieß das eine glückliche Ehe.

 

Es sind zahlreiche Liebesrezepte mit dem Kraut und Saft von Rosmarin bekannt. In Wermut getrunken, galt er auch als Verhütungsmittel. In Mittelfranken wird am Hesselberg der Rosmarinzweig zusammen mit der Zitrone als Zeichen der Ewigkeit dem Trauerzug vorangetragen. Ein Zweiglein wird dem Toten mit ins Grab gegeben Das Verdorren eines Strauches zeigte den nahen Tod eines Angehörigen an. So war der Rosmarinstrauch in Lied und Brauchtum ein Liebeszeichen in Frauenhand. Sie pflegte ihn und sorgte mit seiner Hilfe für glückliche Sexualität, für erwünschten Nachwuchs und für ein seliges, hoffnungsvolles Sterben.
 

Heute wird Rosmarin hauptsächlich als Gewürz verwendet.

 

 

 


Quellen dieser Seite:

[1]   Spiegel Salomonis, ein Zauberbuch aus einer alten Klosterbibliothek, Stadtbibliothek Nürnberg

[2]  Hartmut H. Kunstmann, Zauberwahn und Hexenprozeß in der Reichsstadt Nürnberg, Nürnberg, 1970 

[3]  Hans Vintler, Dichter und Richter aus Tirol, gestorben 1419

[4]   Spiegel Salomonis, ein Zauberbuch aus einer alten Klosterbibliothek, Stadtbibliothek Nürnberg