Totenbeschwörung

Menschen, denen übersinnliche Begabungen und Fähigkeiten zugesprochen werden, versuchen auch heute Kontakt mit Verstorbenen oder weit Entfernten aufzunehmen.

In der Bibel befahl König Saul der Hexe von Endor (1. Samuel 28) ihm den verstorbenen Propheten Samuel zu beschwören, damit er ihn um Rat fragen könne.

Totenbeschwörung setzt voraus, daß die Verstorbenen in einer Anders - Welt leben, was aber von der christlichen Lehre oftmals bestritten wird. So gehörte es zu den gottlosen Verbrechen, wenn Hexen Tote oder deren Geister beschworen. Christen fürchten sich im allgemeinen vor den Seelen der Verstorbenen, vor Geistern oder Dämonen, und begreifen sie als Konkurrenz zu Gottes Allmacht.

 

In den Hexenprozessverhören werden Totenbeschwörungen nur selten als Anklagepunkt genannt, allerdings wurde überall von einem Bund mit dem Teufel, der leibhaftig erschienen sein soll, gesprochen. Die Theologie hat Probleme, die biblische Totenbefragung mit der Hexenverfolgung in Einklang zu bringen.

Die Hexe von Endor war ein beliebtes Bildthema, besonders im 18. und 19. Jahrhundert. In zahlreichen Variationen wurde die gruselige und spannende Szene dargestellt, in der die Hexe oder Zauberin den verstorbenen Propheten Samuel aus dem Totenreich beschwor.

Samuel sollte auf Geheiß des glücklosen und von Gott verlassenen Königs Saul Auskunft über den Ausgang einer bevorstehenden Schlacht geben. Die Zauberin weigerte sich zunächst, dem Begehren stattzugeben, hatte doch der König selbst das Zaubern und die Totenbeschwörung als gottlos verboten.

 

 

Totenbeschwörung in Nürnberg

 

1515 wurde im Hause des verstorbenen Sebald Tucher in der Judengasse ein Toter beschworen.

Einige Priester und andere Personen versuchten dort mehrmals  “einen geist oder sel´ zu beschweren, so den inwohnern desselben haus davor lange zeit viele unruhe und schrecken gemacht haben soll”.

Da dies Treiben überall bekannt war, forderte der Rat der Stadt ein Gutachten von namhaften Geistlichen dazu an, “ob solches eine büßende sel oder sonst ein böser geist oder trug sein möge”.

 

Daraufhin befahl der Rat den anwesenden Personen sich “fürderhin nicht mit Beschwörung der Geister oder was dem anhängig sei, ohne Wissen und Bewilligung ihrer Pfarrer auch eines ehrbaren rats nicht mehr zu unterstehen, was sie in diesem handel gesehen und gehört verschwiegen und davon bei andern nicht reden sollen”.

Dieses glimpfliche Vorgehen ist wohl auf das Ansehen der betroffenen Familien zurückzuführen. [1]

 

 

Beschwörungsformel

 

„...Sogleich nach Beendigung dieser lateinischen Worte verfüge man sich auf den Kirchhof. Beim ersten Grab spreche man folgendes Gebet: “Ihr höllischen Mächte die Ihr Verwirrung in das Weltall gebracht habt, verlaßt Eure finstere Wohnung.”

Nach einer kurzen Pause des Schweigens fahre man fort: “Haltet Ihr unter Eurer Gewalt, den ich suche oder die, an welchen ich Anteil nehme, so beschwöre ich Euch im Namen des Königs der Könige mir ist es kund zu geben in der Stunde, welche ich Euch nennen werde.”

Nach dieser unerläßlichen Zeremonie nehme man eine Hand voll Erde und streue sie umher, so wie man Getreide aussät und spreche dazu mit leiser Stimme:

“Der, welcher nichts ist als Staub, erwache in der Tiefe seines Grabes und antworte mir auf die Fragen, welche ich an ihn tun werde im Namen des Vaters aller Menschen.”

Hierauf beuge man ein Knie zur Erde, wende dabei die Augen gegen Osten, nehme Knochen von den Toten, hänge sich diese kreuzweise um den Hals und schleudere sie alsdann gegen den dem Auge erscheinenden Tempel. Nachdem schlage man den Weg gegen Westen ein. 5900 Schritte weit, wo man sich der ganzen Länge nach auf den Boden legt, die flachen Hände fest an die Schenkel andrückt, die Blicke zum Himmel erhebt und ein wenig nach der Seite des Mondes wendet. In dieser Lage rufe man den Namen des Toten, den man zu sehen wünscht. Angst, Schrecken oder Verlegenheit beim Anblick des erscheinenden Gespenstes vergehen sofort, sobald man die lateinischen Worte: “Ego sum qui te appellat, et videre volet” ausgesprochen haben wird.

Hat man nun von dem Geist auf alle seine Fragen genügende Antwort erhalten, so entlasse man ihn wieder mit den lateinischen Worten: “Ad regnum allectorum revertere, ego sum voti compos. Amen!” ...“ [2]

 

 

 


Quellen dieser Seite:

[1]  Kunstmann, 1970

[2]  Beschwörungsformel aus dem 6. und 7. Buch Moses, ein bekanntes Zauberbuch