Das Fürstentum Coburg

In der evangelischen Stadt Coburg wurden innerhalb von 20 Jahren, nämlich zwischen 1612 und 1632, 39 Frauen, 1 Mann und 1 Knabe wegen Hexerei hingerichtet. Im ganzen Fürstentum waren es weitaus mehr.

 

18 Frauen wurden allein im Jahre 1621 als Hexen verbrannt. Drei weitere starben bei der besonders grausamen Folter, und drei Frauen wurden, was damals unüblich war, bei lebendigem Leibe begraben.

 

91 Hexereiverdächtigte wurden während der Herrschaft des Herzogs Casimir zwischen 1628 und 1631 angeklagt. Davon waren 80 Frauen, die fast alle hingerichtet wurden.

 

Am 13.02.1629 erließ der Herzog eine eigene scharfe Hexengerichtsordnung für seine Untertanen. Das war gesetzlich möglich, weil die Hexenverfahren als ein crimen exceptum (= ein außergewöhnliches Verbrechen) behandelt wurden. So auch in den Fürstbistümern Würzburg und Bamberg.

 

Ein besonders grausamer Prozeß ist uns gegen die Margaretha Ramhold bekannt. Sie hatte öffentlich den Hexenverfolger und Folterer als “Bluthund” beschimpft. Daraufhin wurde sie von ihm und seinen Schergen unmenschlich in der Folter gequält von dem Beschimpften und seinen Schergen im Auftrag des Fürsten selber, obwohl bereits ein Geständnis vorlag. Das war nach dem kaiserlichen Recht, an das sich andere protestantische Herrschaften streng hielten, nicht rechtens.

Trotz allem nannte die standhafte Frau keine lebenden weiteren Personen als Mittäter. Sie wurde verbrannt. Ihr Schwiegersohn und Theologe Dr. Matthäus Meyfahrt, der zunächst auf der Seite der Verfolger stand, setzte sich später für die Verfemten ein.

 

Vermutlich wurden weitaus mehr Personen als uns aus den Akten bekannt sind, als Hexen und Zauberer im Fürstentum Coburg hingerichtet.

Hohe Rechnungen wurden den Verwandten der Opfer für die Folterungen und Hinrichtungen gestellt. Die Vermögen der Hingerichteten wurden eingezogen.

Der Fürst und der Centgraf bereicherten sich an den Hexenprozessen maßlos.

 

 

Das Schicksal der mutigen Margaretha Ramhold

 

Die alte, bucklige Witwe eines Hofsattlers, Margaretha Ramhold, hatte auf offener Straße mutig den Centgrafen Caspar Lang, einen unerbittlichen Verfolger vermeintlicher Hexen als “Bluthund, Galgenwirt und Ehrendieb” beschimpft. Das bekam ihr schlecht.

Als direkte Nachbarin des Caspar Lang, Zentrichter der die Hexenprozesse leitete und teilweise persönlich die Tortur durchführte, wurde sie sogleich von diesem der Hexerei bezichtigt und angeklagt. Damit begann aus verletztem Männerstolz eines der schlimmsten Hexenprozeßjahre in Coburg und Umgebung.

 

Es wurden zu den Beschuldigungen 27 Zeugen gehört, darunter der Schwiegersohn der Ramholdin, Dr. Matthäus Meyfort, Direktor des fürstlichen neu gegründeten Gymnasiums. Alle Aussagen aber reichten für eine Verurteilung nicht aus. Daraufhin predigte der Superintendent (wohl auf Geheiß von Casimir) öffentlich gegen die Hofsattlerin und beschuldigte sie von der Kanzel: Sie habe ihre Tochter die Hexerei gelehrt oder lehren wollen und “der Drache sei in ihr Haus gefahren”. Da die Beschuldigungen immer noch nicht reichten, bat der Centgraf die Landesregierung (sprich den Fürsten), die Ramholdin wegen seiner Beleidigung festnehmen zu dürfen.

 

 

Chronik der Ereignisse, die zur Hinrichtung der Ramholdin führten

07.06.1628

Festnahme der Ramholdin, weitere Verhöre und Zeugenaussagen gegen sie.

05.07.1628

1. Urteil des Schöppenstuhls: “... mit derselben Ramholdin zur Captur (Festnahme) und scharfen Frag (Tortur) nicht zu gelangen”. Erneute Verhöre, auch des Meyfart, unter Drohungen durch den Centgrafen persönlich.

29.07.1628

Festnahme und peinliche Befragung der Margaretha Ramhold. Die Tortur wird dreimal mit Beinschrauben, zweimal mit dem Zug (Aufziehen an die Decke) durchgeführt, indem sie sechs Stunden gehalten wurde. Dazu wurde sie mit der Peitsche geschlagen. Margaretha Ramhold gestand lange nicht.

30.08.1628

Geständnis und Todesurteil.

02.09.1628

Gescheiterter Selbstmordversuch der Ramholdin im Gefängnis. Abermaliges Verhör (Tortur?).

03.09.1628

Widerruf des Geständnisses durch die Ramholdin selber.

04.09.1628

Wiederum Folter und Geständnis.

12.09.1628

Wiederum Folter, Widerruf des Geständnisses.

15.09.1628

Vierte Folter, die Ramholdin nennt als Komplizen drei bereits hingerichtete Frauen.

16.09.1628

Todesurteil.

20.09.1628

Verbrennung der Ramholdin.


 

Aus den Verhörprotokollen der Ramholdin

“Wo der Teufel zu ihr gekommen?”

“Ihr Buhle wäre zu ihr kommen vor acht Jahren in ihrem Berge ... in Jägersgestalt. Er habe ihr versprochen ... er wolle ihr Geldes genug verschaffen, sie solle sein sein, hätte es aber nicht gehalten und hätte Caspar geheißen.” (Caspar heißt auch der Peiniger der verhörten Frau) “Und ein kleines gelbes Bärtlein gehabt, auch mittelmeßiger Statur gewesen und hatte ihr zum Zeichen einen Griff in den rechten Arm geben, daß es aller blau gewesen, hätte ihr auch sobald ein weißes Pulver gegeben, welches sie alles des Junkers Hoffsattlers Weib selig in die Stube gestreut, daß dieselbe darüber gegangen sei und ausdörren sollte. Das hätte sie getan, weil sie ihr alles Leid angetan habe ...”

… “Sie habe einen Haß und Neid auf sie gehabt, wüßte nimmer wen es angetroffen habe, hätte ansonsten niemand mehr damit Schaden getan. Allein dem Zentgraffen hätte sie gerne etwas beibracht, wenn sie dazukommen könnte. Auf ihre Seel sie habe Herrn Mayfarts Kindern ihr Leb lang nichts getan, wären ihr lieb gewesen, beide Personen wären nach solchem Streuen bald krank worden und desselben Lagers verstorben.”

“Ob der Buhl mit ihr Unzucht getrieben und ob er kalt oder warm gewesen wäre?”

“Der böse Feind habe nach dem Verbündnis etwa viermal mit ihr in ihrem Berge und Häuslein gebuhlet, wäre kalt gewesen und nicht natürlich, hätte dabei Gott im Himmel und die Heilige Dreifaltigkeit abschwören müssen.”

“Ob sie an den Hexentänzen teilgenommen, wieviele Tänze im Jahr abgehalten worden seien und wo solche gehalten seien?”

“Vier oder sechs Wochen nach dem Verbündnis wäre allhier zu Coburg sie auf einem grauen Esel geritten, der Buhl hinten ... Hätten Weißbrot gehabt und die Tisch auf den Markt gestanden, hätte gedacht, die Speise wäre gut gewesen ... Der Tänz während des Jahres drei gehalten worden, zu Walburgi, Johannes und an Michaeli oder Martini, die Tisch wären etwas voneinander gestanden und hätten nur einen Sachkpfeifer gehabt, welchen sie nicht gekennet...” (als Termine für die Sabbattreffen werden die alten Frauenfeste genannt: 30. April, Johannis als Sommersonnenwende 21 - 23. 06., Michaeli zu Sommersonnenwende 29. 09. und Martini 11. 11.). [1]

 

Aus den Quellen ist uns bekannt, daß die grausame Hexenverfolgung in Coburg im Wesentlichen mit der Regierungszeit des evangelischen Herzogs und Frauenhassers Johann Casimir (1596 - 1633) beginnt und endet. Zahlreiche, wenn auch unvollständige Akten bezeugen das. Die Fälle der wegen Hexerei angeklagten Frauen und die Verhörprotokolle liegen teilweise noch unausgewertet im Landesarchiv Coburg. Von dem fanatischen Hexenverfolger Casimir ist uns auch eine besondere Gerichtsordnung “die Hexerei betreffend” überliefert. Sie enthält zahlreiche Fragen, sowie Anleitungen für ein besonders hartes Vorgehen bei der Tortur.

 

Außerdem ist uns eine Schrift des Johann Matthäus Meyfart (1590 - 1642) überliefert, in der er sich gegen die allzu scharfe Willkür bei Hexenprozessen ausspricht. Nach 1637, dem Tode des Casimir, kommt die Hexenverfolgung bald zum Stillstand. Casimir war ein besonders fanatischer evangelischer Glaubenseiferer, der meinte, die Verfolgung des Satans und seiner Buhlen gottgefällig durchzuführen.

 

 

Der in Coburg hochgerühmte Fürst und unerbittliche Hexenverfolger Casimir

Herzog Casimir ist Alleinherrscher im Fürstentum Coburg von 1596-1633

1544

Geburt Johann Casimirs als Sohn von Herzog Johann Friedrich und seiner Ehefrau Elisabeth aus der Kurpfalz. Als Casimir drei Jahre ist, gerät sein Vater in Reichsacht und wird in Österreich gefangen gehalten. Dorthin folgt ihm seine Ehefrau mit dem sechsjährigen Casimir. Ab 1570 wird Casimir von Verwandten aufgezogen.

1579

Studium der Jurisprudenz (?) in Leipzig

1586

Heirat mit Anna, der Tochter seines Vormundes, des Kurfürsten von Sachsen.

1586-1596

regiert Casimir zusammen mit seinem Bruder das Fürstentum Coburg und die Ländereien in Thüringen.

1593

läßt sich Casimir von seiner treulosen Ehefrau, mit der er keine Kinder hatte, scheiden. Er läßt sie bis zu ihrem Tod im Kerker schmachten und demütigte sie ungezählte Male mit ihrem Liebhaber.

Ab 1596

ist Casimir Alleinherrscher im Fürstentum Coburg, das er mit vielen strengen Gesetzen zu einem straff zentrierten Territorium gestaltet. Vor allem erlässt er zahlreiche Sittengesetze im Gefolge seiner streng evangelischen Glaubenslehre und läßt z.B. auch das Glücksspiel verbieten.

1595-1598

baut Casimir verschiedene große Prunkbauten wie die Ehrenburg und stattet die Stadtkirche mit lebensgroßen Gestalten seiner Eltern als Grabdenkmal aus.

1599

heiratet er zum zweiten Mal. Die Ehe mit Margarete von Braunschweig blieb ebenfalls kinderlos.

1603/1621

weitere umfangreiche Baumaßnahmen in Coburg (Stadthaus, Rüstkammer, Gymnasium Casimirianum, Ballhaus, Stahlhütte...).

1612-1632

kommen in der Stadt Coburg mindestens 39 Frauen, 1 Mann und 1 Knabe wegen angeblicher Hexerei um.

1628

werden mindestens 39 Frauen und 4 Männer in Coburg und Umgebung der Hexerei angeklagt, gefoltert und hingerichtet. Die Hexenverfolgung ist besonders grausam und streng.

20.09.1628

wird die als Hexe angeklagte und besonders grausam vom verhassten Zentgrafen  Caspar Lang gefolterte Margarete Ramhold hingerichtet. Sie ist die Stiefgrossmutter des J.M. Meyfart, der sich später gegen die Willkür bei Hexenprozessen aussprechen wird. Nach diesem Prozeß werden 308 Gulden, eine horrend hohe Summe, den Verwandten in Rechnung gestellt. Insgesamt werden von Casimir mindestens 1.100 Reichstaler durch Hexenprozesse eingenommen.

21.02.1629

 

erläßt Casimir eine eigene Hexengerichtsordnung, nach der anschließend im Coburger Land besonders grausam verfahren wird. So werden außer den Daumenschrauben, den Spanischen Stiefeln und der Leiter noch weitere Folterungen wie die “gespickte Hase”, der Schraubstock und die “Karbatsche” angewendet und siedendes Öl und brennender Schwefel eingesetzt. Das war woanders, insbesondere in evangelischen Gebieten, nicht üblich. Es zeugt von besonders sadistischer Quälerei.

1633

Tod des Herzog Casimir. Die Hexenverfolgung ebbt ab und hört fast ganz auf.

1632/33

schreibt Meyfart, nach dem Tode des Casimir, sein Traktat gegen die Willkür bei Hexenprozessen. Das Buch erscheint 1635 in Erfurt. In diesem Buch prangert er die allzu schwere Tortur bei Hexenverdacht an. Den Hexenglauben stellt er nicht in Frage.


 

Hexenverfolgung in Coburg und Umgebung

Die Statistik macht deutlich, dass in der Regierungszeit Casimirs die Hexenverfolgungen, was Intensität und Anzahl betraf, einen Höhepunkt erreichten. 1628-1631 sind 91 Fälle bekannt, davon waren mindestens 80 Frauen, die fast alle verbrannt wurden.

Das Fürstentum

Die Karte zeigt die Gebiete nach 1648, nach dem Ende des 30jährigen Krieges. Karte aus: Egbert Friedrich, Hexenjagd im Raum Rodach und die Hexenprozessordnung von Herzog Johann Casimir, 1995, 191.

 

Umgeben von den Fürstengebieten (Hennebergisch–Schwarzburgisch) im Norden und dem Gebiet der katholischen Erzbistümer Würzburg und Bamberg war Casimir als evangelischer Herzog offensichtlich bestrebt, es den Hexen mordenden Nachbarn gleichzutun:

Damit alles “rechtens” zuging, erließ er eigens eine Hexenprozeßordnung, in der er auch die immens hohen Prozesskosten festsetzte, mit denen er dann wie wohl kein anderer evangelischer Fürst seine Prunkbauten finanzierte. Bis heute wird er dessen ungeachtet in seiner Heimatstadt gerühmt und bei Heimatfesten und beim Jubiläum des Gymnasiums geehrt.

 

Angegeben sind die Orte, die in den Hexenprozessakten als Herkunfts-, Verhandlungs- oder Hinrichtungsorte genannt werden. Klar ist erkennbar, daß durch die Besagungen in der Tortur in bestimmten Gebieten auch in ländlichen Bereichen systematisch verhaftet wurde. In den herausgehobenen Orten sind besonders viele Opfer zu beklagen. Dazu gehörten Coburg, Rodach und Hildburghausen. In anderen Orten sind überhaupt keine Fälle bekannt geworden (Römhild, Heldburg, Mönchröden).

 

Herkunfts-, Verhandlungs- oder Hinrichtungsorte:

Lautertal Oberlauter
Coburg Baiersdorf
Weidach Ahorn
Garnstadt Weickelsdorf
Lützelbuch Delhausen
Sonnefeld Klein
Großgarnstadt Oberfüllbach
Roth Rudolsdorf
Waldsachsen Scheuerfeld
Neustadt Eisfeld
Hildburghausen Heinersdorf
Jüchsen Oeslau
Poppenwind Gellershausen
Meyersreuth Straufhein
Walrabs Haina
Rödental Heldberg
Linden Marktsuhl


Die Orte sind teilweise heute nicht mehr auffindbar bzw. in größeren Orten aufgegangen. [2]

 

 

Von der General Fragstücken

„Die General oder gemeine Fragstück / darauff jede Hexerey verdächtige Persohn examiniret werden kan und soll / bestehet in diesem /

 

  1. Ob Verhaffter / oder Verhafftin mit der Hexerey behafft. Wann sie nun solches bekennet / dann das erste muß zuvor bekennetsein / alßdann zu fragen
  2. Von wem sie solches gelernet?
  3. Wann es geschehen / und wie lang es sey das sie solches laster gekont?
  4. Was sie darzue verursachet?
  5. Welcher gestalt sie solches gelernet / wie es damit hergangen / ordentlich nacheinander zu erzehlen. Als do die verhaffte Persohn diß Laster von einem andern gelernet /
  6. Wie sie solcher Persohn / oder diese zu ihr kommen?
  7. Mit was wortten dieselbe sie angeredet?
  8. Was sie darzue gesagt?
  9. Ob sie dann bewilliget?
  10. Do sie bewilliget / was jene gethan oder geredet?
  11. Was sie darzue gethan oder geredet? Do aber jemand bekennet /das er die Hexerey vom Teuffell selbsten gelernet / werden obige stück außgelaßen / und ferner gefragt.
  12. Wo der Teuffel zu ihr kommen ?
  13. In was gestalt und kleider?
  14. Mit was für einem nahmen er sich genennet?
  15. Was er gesagt?
  16. Was Verhaffter oder Verhaffte darauff geantworttet?
  17. Ob sie so baldt gewilliget?
  18. Was nach der bewilligung mit ihr vorgenommen?
  19. Was er ihn / oder ihr / gegeben?
  20. Ob er ihm / oder ihr / salben gegeben?
  21. Wo sie zu Hauß stehe?
  22. Ob er ihm / oder ihr / pulver gegeben?
  23. Wo solches zu Hauß stehe?
  24. Ob sie Gott verleugnen müßen?
  25. Wie sie Gott verleugnen müßen / wie die wort gelautet?
  26. Ob er sie hierauff getaufft?
  27. (Punkt 27 fehlt in Coburger Fassung, ungenaue Nummerierung.Von der Sodomi.
  28. Ob der Buhl mit ihr Unzucht getrieben (oder do es ein Hexenman / ob er mit seiner Buhlin Unzucht getrieben).
  29. Wie es gewesen / ob der Buhl warm oder kalt gewesen?
  30. Wo es geschehen?
  31. Ob solches hernacher auch geschehen / wann er wieder kommen?
  32.  Wie offt er des Jahrs zu ihr kommen?
  33. Was er jedesmal an gelt gebracht?“

33 Fragen aus der “Gerichts-Ordnung, die Hexerey betreffend”, die der evangelische Fürst Casimir eigens für sein Fürstentum 1629 erlassen hatte. Die zahlreichen Fragen - insgesamt waren es weit über 100 - folgen weitgehend denen im Hexenhammer, der offenbar auch hier den Verfolgungen zugrunde lag. [3]

 

 

Das Ausräuchern des Stalles

 

Aussage von Margaretha Schneiderin, Clausen Schneiders Weib 1614 aus Mengersreuth, zum Räuchern in Haus und Stall.

Sie wurde beschuldigt von Michael Leutheusern. Sie soll “ein ungewöhnlich Räuchern und Zauberey” an seinem Weib begangen haben.

Die Margaretha Schneider sagte aus:

… “das sie geräuchert hab, alleine, ihre Kühe hätten vor zwei Tagen geboren(?), das Kalb aber in denselben Tagen gestorben und die Kühe darauf krank wurden, deswegen sie, und anderer gestaltt, nicht geräuchert”, doch beteuret sie, “daß sie nichts Zauberisches wüßte”. Des Michael Leutheusers Weib habe sie mehrfach gebeten zu kommen, um zu räuchern.

“Die alte Hetersmahr in den G. (unleserlich), so nunmehr verstorben, hätte sie gelehret, wenn ein Viehe krank wäre, daß man es mit dosten und andwi (?) auf Kohlen gelegt, beräuchern sollte. Etliche Mal mit hohen Beteuerungen wiederholet, daß sie ob Gott will keine Hex oder Zauberin sei.” ... Auch “in der Walpurgisnacht mit keinem Fuß... aus ihrem Bett kommen sei, es wäre sonsten viel Viehe im Dorf krank”...

“Wolle sich mit Leutheusern gefangensetzen, wüßte nichts unrechts, man würde sie ja nicht wehtun, wenn sie keine Hexe wäre, sie wüßte gewiß, daß sie gerecht sei...”
 

Dagegen sagte Michael Leutheuser aus: 

“Als er aber an Walpurgisabend...wieder anheim kommen, hätte er einen großen Gestank im Haus befunden und zu seinem Weib gesagt, was für ein Gestank im Hause wäre, dieselbe ihm geantwortet, sollte das Maul zutun ... Daß die Schneiderin ihre Hausfrau im Haus herumgangen und viel räucherns getrieben”, ... später hätte er sein Weib “auf dem Bett sitzend gefunden, er gefragt, was sie da macht, sie ihm berichtet, als sie frühe aus der Mühl allda sie Mehl geholet nach Hause ins Haus gekommen wäre, ihr die Schneiderin mit einem Hafen, darinnen glühende Kohlen gewesen”, ... “aus der Küchen entgegengekommen, dafür sie sich entsetzet und gleich darüber ihr in den Schenkel kommen, könnte weder gehen noch stehen”... [4]

 

Das Ausräuchern des Stalles mit kirchlichem Segen, Sprüchen und Weihrauch ist noch in vielen katholischen Orten, besonders in Oberbayern, bis heute üblich und wird wieder belebt. In der Fränkischen Schweiz wird vom Zauber gegen Unglück im Stall aus den Jahren 1925 und 1950 aus Gößweinstein erzählt. Man nennt das heute “Aussegnen” des Stalles. Dies wird mit Weihwasser und Weihrauch, der rauchend auf einer Schaufel durch den Stall getragen wird, bewerkstelligt. Damals diente das Ausräuchern zweifellos auch der Hygiene im Stall und mit dem überall wachsenden braunen Dost, einer stark riechenden Pflanze, war solches Vornehmen vielleicht nicht wirkungslos. In der ersten Aussage vor der Folter spüren wir aber die ungeheure Angst der Margaratha Schneiderin vor möglicher Folter des Zentgerichtes, denn seit März 1612 waren bereits 10 Frauen wegen Hexerei verbrannt worden, die letzte am 16. Februar 1614, drei Monate vor obiger Aussage.

 

 

Eine Stimme des evang. Theologen Johann Matthäus Meyfart gegen das ungerechtfertigte Foltern

 

Für “Misseiferer” ist es oftmals eine Kurzweil, wenn man Menschenblut vergießt. “Der gewöhnliche Prozeß wider die Hexen ist unrecht und das Pöbel und Pöffelsvolk fast in allen Provinzen deutscher Nation gleubet den leichtfertigen und unbesonnenen Zeugen.”

Weiterhin legt er dar, daß die Obrigkeit der “Schuldigen wegen der Unschuldigen verschonen” soll. Deswegen sei es falsch, daß christlichen Obrigkeiten erlaubt sei, “wissentlich zu sündigen, wissentlich die Gerechtigkeit mit Füßen zu treten”.

Die Obrigkeit solle “bewußte Laster ernstlich strafen, wo aber unerforschliche Stück darin vorlauffen, wie kann die Obrigkeit darin richten und daher straffen?”

Es werden mehrere Beweise angeführt, “wie ein gefehrlich Werck es sei, umb die Tortur und wie nicht in dem Hexenprozeß darauff zu halten, viel weniger zu bauen sei”.

Die unschuldigen Personen würden in der Marter andere Personen angeben.

“Warum wollen wir so fleißig nach Trutnern und Truttnerinnen forschen? Fahndet nach Kapuzinern, Jesuiten und allen Ordensleuten und peiniget dieselben, sie werden bekennen. Leugnen etliche, wiederholt die Marter zum dritten und vierten mal, sie werden alsdann bekennen. Und weiterhin müssen durch die Tortur falsche Aussagen folgen.”
 

Dies wird weiterhin lang und breit ausgeführt (5. 159ff)

„Johannes Matthäus Meyfart, ehem. Dr. am Casimirianischen Gymnasium zu Coburg, jetzt Prof. an der Universität zu Erfurt, Christliche Erinnerung an gewaltige Regenten und gewissenhafte Predikanten, wie das abscheuliche Laster der Hexerei mit Ernst auszurotten aber in Verfolgung desselben auff Cantzeln und in Gerichtshäusern sehr bescheidentlich zu handeln sey.“ [5]

 

Johannes Matthäus Meyfart hat als evangelischer Superintendent und Gymnasialrektor in Coburg sich allerdings erst nach dem Tode des Fürsten Casimir mutig gegen die Hexenverfolgung gewendet:

 

 

 


Quellen dieser Seite:

[1]   LAF 12552, Staatsarchiv Coburg, Transkription Gisela Lang.

Egbert Friedrich, Hexenjagd im Raum Rodach und die Hexenprozeßordnung von Herzog Johann Casimir, Schriften des Rodacher Rückert-Kreises e.V., 1995, Rodach bei Coburg

[2]   Friedrich, 1995, a. a. O.

[3]   Friedrich, 1995,

[4]   Coburg 1614, Staatsarchiv Coburg LAF 12544, transkribiert von Ute Freißler

[5]   Schleusingen 1636, GNM Nürnberg, Nw.3213 m 32130.