Nürnberg

Im Vergleich zu anderen Orten und vor allem zu den Fürstbistümern in Franken wurden in dieser Ton angebenden Reichsstadt nur wenige Frauen und Männer der Zauberei, der Hexerei oder damit zusammen hängender Verbrechen hingerichtet. Aber immerhin waren es auch seit etwa 1500 bis 1648 insgesamt mehr als 64 Menschen, Frauen und Männer, keine Kinder, die deswegen angeklagt wurden.

 

Viele Verdächtigte oder Besagte wurden lediglich der Stadt verwiesen oder mit geringfügigeren Strafen, wie Zunge raus schneiden, Pranger-Stehen und dergleichen bestraft. Man konnte ihnen wohl nicht nachweisen, dass sie mit Zaubern einen anderen geschädigt hatten, wie des das kaiserliche Recht forderte. Aber es brannten auch in Nürnberg Scheiterhaufen mit als Hexen und Hexenmeister oder Betrüger Verurteilten. Erstaunlich wirken die letzten uns bekannten Fälle der Jahre 1617, 1622, 1659, die in den Akten gut belegt sind und die Verbrennung der als Hexen verurteilten Mauterin und Metmännin. Wie es in diesen späten Jahren nach Beendigung des Glaubenskrieges zu diesen Hinrichtungen gekommen ist, ist bisher nicht zufriedenstellend erforscht und erklärt.

 

Die Historiker rühmen, dass "der Rat" der Stadt beschwichtigend und aufklärend in einer dem Hexenwahn verfallenen Umgebung gewirkt habe.[1]  Doch wurde auch hier allen Fällen, in denen Verdacht auf Zauberei, Hexerei, Heilen mit Sprüchen, Totenbeschwörung, Wahrsagerei und dergleichen bestand, streng nachgegangen und die Beschuldigten wurden oftmals mehrfach in der Folter verhört wurden. Dabei ging man wohl streng nach der Carolina vor, dem kaiserlichen Recht. Den protestantischen Ratsherren strebten einerseits danach, ihren rechten Bibel-Glauben unter Beweis zu stellen, andererseits nicht durch zu viel Unruhe in der Stadt die Handelsgeschäfte oder den guten Ruf der kaisertreuen Reichsstadt zu gefährden. Wieweit die Prozesse in der Öffentlichkeit Aufsehen erregten, wissen wir nicht. Die Hinrichtungen sollten wohl kein großes Spektakel hervorrufen.

 

 

Auflistung der Hexen-Opfer in Nürnberg [2]

In der Regel wurden alle Verhafteten beim Verhör gefoltert, ihre "Geständnisse" unter Schmerzen abgelegt. Jeder Foltervorgang musste allerdings von den dazu befugten Ratsherren, es waren zumeist Juristen, genehmigt werden.(s. die Aufzeichnungen in den schwer lesbaren Ratserlässen). Der Ausgang vieler Verfahren ist uns unbekannt, sie wurden in dieser Aufstellung durch ein Fragezeichen gekennzeichnet.

 

Katharina Amberger, 1434, wegen Zauberei und Segensprechen am Pranger und ein Stück der Zunge abgezwickt.

 

Els Kramerin, 1468, gebrandmarkt.

 

Anna Prunnerin, 1471, verbannt.

 

Els Hellin, 1477, verhaftet wegen Milchzaubers, freigelassen.

 

Hans Pressel, 1478, wegen Zauberei (er hat 50 fl. wiedergefunden) verbannt.

 

Barbara Eyrichin, 1486, verhaftet wegen Leichenzaubers, verhört, ...?

 

Anna Hausen, 1486, verhaftet wegen Leichenzaubers, verhört, ...?

 

Els Rutscherin, Heilerin, 1487, wegen Kräuterzaubers verhaftet, verhört, gefoltert, verbannt

 

Margarete Salchingerin, 1489, verhaftet, gefoltert, an den Pranger gestellt, verbannt

 

Barbara Schlitzin, 1501, verhaftet, gefoltert, verbannt

 

Margarethe Lobbechin, 1502, verhaftet, ...?

 

Els Klaiberin, 1503, verhaftet, ...?

 

Hans Bauer, 1511, verhaftet wegen Wahrsagerei, ...?

 

Ein Mann, 151?, wegen Geisterbeschwörung im Haus des verstorbenen Sebald Tucher verhaftet.

 

Hermann Mugenhover, 1515, verhaftet, ...?

 

Unbekannter Mann, 1515, verhaftet wegen Zaubers mit einer Brille, ...?

 

Anna Bairin, 1516, verhaftet wegen Segnens von Geschossen, ...?

 

Barbara Wunderin, 1518, verhaftet wegen Liebeszaubers, ...?

 

Els Gernoltin, 1520, mehrfach gefoltert wegen Liebeszauber, ertränkt.

 

Anna Sewrin, 1520, wegen Liebeszauber verhaftet, mehrfach gefoltert, begnadigt.

 

Frau aus Steinbühl, 1521, verhaftet, befragt, ...?

 

Frau aus Fürth, 1524, vertrieben.

 

Margreth Kendlerin, 1524, verhaftet, gefoltert, Brennen durch beide Backen und Abschneiden der Ohren, schwere Leibesstrafe ...?

 

eine unbekannte Magd, 1525, verhaftet, ...?

 

Dorothea Engelhartin, 152?, verhaftet, vermahnt und bedroht.

 

Margarethe Kleinin, 1527, gefoltert, an den Pranger gestellt, vertrieben.

 

Margarethe Lutföglin, einfältig, 1527, (besagt von der Kleinin), gefoltert, vermutlich Prangerstehen und verbannt ...?

 

Katharina Leitschneiderin, 1528, verhaftet, dreimal gefoltert, nicht geständig, längere Haftstrafe, Gnadengesuche des Ehemannes abgelehnt ...?

 

Adelheid Schneiderin aus Röthenbach, 1536, verhaftet, mehrmals gefoltert, des Viehzaubers, des Ausfahrens, des Teufelsbundes angeklagt, schwer bestraft am Leib ...?

 

Els Schneiderin, 1536, aus Gebersdorf (von Adelheid Schneiderin besagt), mehrfach gefoltert, nicht gestanden ...?

 

Katharina Maylin, 1536, aus Unterasbach, gehörte zur Mgft. Cadolzburg, (von Adelheid Schneiderin besagt), verhaftet, gefoltert, nicht gestanden ...?

 

Hirtin aus Dormitz, 1531, gefoltert...?

 

16. Juni 1536, Erlaß eines gegen Hexen und Zauberei gerichteten Mandates der Theologen der Stadt Nürnberg mit der Androhung schwerer Leibstrafen.

 

Margarete Reinhartin, 1548, Meßnersfrau zu Gründlach, gefoltert, ...?

 

Frau Wirt, vom Ehemann verklagt, verhört, verhaftet ...?

 

Heintz Zitzmann, 1587, aus Heuchling, wegen Teufelsbund und Diebstahl mit Ruten ausgestrichen

 

Margaretha Horning, 1588, wegen Diebshehlerei mit zauberischen Mitteln, ertränkt

 

Friedrich Stigler, ein Henkersknecht 1590, wegen Hexenbezichtigung und Verkaufs geweihter Säcklein gegen das Drutendrücken und Leichenteilen als magischer Abwehrzauber zur Abschreckung mit dem Schwert hingerichtet.

 

Barbara Schindlerin, 1591, verhaftet, von einer Heilsbronner Frau in der Folter besagt,...?

 

Apollonia Hofferin aus Lichtenau, 1591, als Hexe verhört ...?

 

Fünf Hexen (nicht gesichert), 1592, verbrannt, davon drei vorher erwürgt,

 

Margarethe Fleischmännin aus Fürth (zu Cadolzburg gehörig), 1592, der Hexerei bezichtigt, beging aus Angst Selbstmord,

 

Elisabeth Aurholtin, 1597, angeklagt, gefoltert, wegen des Gebrauchs zauberischer Mittel hingerichtet 1598.

 

Ein Mann, 1604, wegen Zauberei und Betrug ausgepeitscht und aus Nürnberg vertrieben.

 

Anna Dammer, 1606, wegen Schatzgrabens mit Ruten gestrichen

 

Ein Söldner, 1608, wegen Teufelsbannens enthauptet

 

Hans Rößner, 1608, wegen Meineids vorbestraft, wegen Aufrührens und behaupteten "Hexensehens" der Stadt verwiesen

 

Brigitta Wolfin, 1608, wegen Zauberei, Schatzgräberei und Wahrsagerei verhaftet, vom Bader Conrad Mayer als Konkurrenz in Heilersachen und des Impotenzzaubers angezeigt, gefoltert, nicht gestanden, wegen Mangels an Beweisen freigelassen, der Ankläger Conrad Mayer wurde wegen falscher Bezichtigung zu einer Geldstrafe verurteilt.

 

Margarethe Rögin, 1611, verhaftet, als Heilerin wegen Anwendung von Segenssprüchen angeklagt, Rechtsgutachten empfiehlt, sie zu foltern und auch bei Nichtgestehen des Landes zu verweisen ...?

 

Georg Carl Lamprecht, 1617, aus Mainbernheim, wegen Zauberei und Schatzsucherei sowie wegen Teufelsbannung verhaftet, gefoltert, wegen Falschmünzerei zum Tode verurteilt, hingerichtet

 

Drutenzeitung, 1627, in Nürnberg auf Befehl des Rates eingezogen und verbrannt. ( Der Druckstock blieb erhalten ?).

 

Sixt Kuhn, Messner, 1622, aus Gründlach, als Zauberer, Kirchenräuber und Dieb verurteilt. Er hat Hostienschändung betrieben und geweihtes Material wie den Abrieb eines Glockenschwengels verwendet. Gefoltert, hingerichtet und verbrannt

 

Agnes Platt, 1648, verhaftet, weil ihr der böse Geist leibhaftig erschienen sein soll ..?

 

Margaretha Mauterin, 1659, Ehefrau eines Stadtschützen, vormals mit dem Henkersknecht Georg Staudinger verheiratet, wurde wegen Hexerei angeklagt, mehrfach gefoltert und gab schließlich alle ihr vorgesagten Verbrechen zu: Teufelsanrufung, Teufelsbund, Teufelsbuhlschaft, sowie die Weitergabe der Hostien an den Teufel, Schadenszauber an Mensch und Vieh. Margaretha Mauterin wurde nicht weiter gefoltert, da man fürchtete, daß sie in der Folter sterben würde. Margaretha weigerte sich standhaft und widerrief immer wieder die in der Folter eingestandenen Aussagen. Einstimmig vom Rat der Stadt Nürnberg und seinen Juristen wegen Teufelsbuhlschaft und Teufelsbund zum Tode verurteilt, hingerichtet am 24. 4. 1659.

 

Maria Regina Mettmannin, 1659, eine "verwachsene" (bucklige) Dienstmagd, wurde während der Haft und Folter der Mauterin vermutlich von ihr besagt, verhaftet, mehrfach gefoltert, gesteht Teufelsanbetung und Taufe durch den Teufel, Teufelsbuhlschaft, sowie ein zehnjähriges Mädchen dem Teufel zugeführt zu haben, widerrufen, die Mettmannin weigerte sich tapfer, ein klares Geständnis abzulegen und schriftlich zu unterzeichnen. Die Mettmannin wurde nach Erwürgen verbrannt am 17.05.1659.

 

Magdalena Wanderin, 1659, 10 Jahre alt, im Prozeß gegen die Mettmannin verhaftet, gestand unter Folter, sie sei mit der Mettmannin und dem Teufel ausgefahren und von ihm getauft worden. Das Kind war überraschend vor den Toren der Stadt gefunden worden, deswegen unterschob man Teufelswerk durch Hexerei. Das Mädchen mußte bei der Hinrichtung der Mettmannin zuschauen.

 

Hans Hess, 1660, Nagelschmied, des Teufelsbündnisses und der Gotteslästerei angeklagt, weil er soviel Arbeit "wie drei fertiggebracht haben" an einem Tag geleistet habe. Gefoltert, geständig, enthauptet. (heute: Haus Künertsgasse, Museum des Altstadtverein ).

 

Barbara Coppin, 1669, evangelisch reformiert, wird vom Rat der Stadt wegen Entheiligung des Sabbats und Viehzaubers angeklagt, sie wird dem Presbyterium überstellt ...?

 

Regine Sibylla Schillerin, 1669, eine geisteskranke Schusterstochter aus Augsburg wurde in Nürnberg verhaftet wegen Teufelsbuhlschaft, für sie wurde in allen Kirchen gebetet, aber sie verfiel laut Aussagen des Beichtvaters Andreas Ungelenk (evangelisch) wieder dem Teufel. Der Rat schob sie nach Augsburg ab, wo sie "durch Gebet vom Teufel gerettet wurde".

 

Dorothea Kauffmännin, 1692, Dienstmagd bei Wolf Gabriel Romedi, wurde als Hexe angeklagt, weil sie ein "ewiges Glockenläuten" im Hause ihrer Herrschaft verursacht habe. Dorothea gesteht in der Folter Hexenflug und Besuche des Teufels als Geißbock. Da der Jurist H. Scheurl nichts vom Hexenflug hielt, wurde sie freigelassen.

 

Susanne Rabin 1675/76, 10 Jahre alt, wurde als vom Teufel verführt und als besessen bezeichnet. Beim Verhör (vermutlich unter Folter) beschuldigte sie: 

 

Margaretha Leistnerin 1675/76, eine 8ojährige Frau, der Hexerei. Sie wurde verhaftet, mehrfach befragt und gefoltert, war aber nicht geständig, wegen mangels an Beweisen freigelassen.

 

Annamaria Mittischerin, 1692, von Steinstadt wegen Diebstahls und Teufelsbund enthauptet.

 

Hans Fahner, 1725, aus Stettenberg, gelegen im Waldamt St. Sebald, gestand dem Pfarrer von Heroldsberg, einen Bund mit dem Teufel geschlossen zu haben, sowie Vieh- und Menschenzauber. Hans Fahner wird wegen nicht bewiesener Vorwürfe und nach Bußzahlung und Abschwörung freigelassen.

 

 

Bei den über 60 Prozessen wegen Hexerei, Zauberei, Teufelsbuhlschaft und unerlaubter Magie (auch Handel mit magischen Materialien) in Nürnberg, die belegt sind, wurden mehr als fünfzig Frauen angeklagt. Davon kamen mindestens acht zu Tode.

 

Genaue Zahlen sind nicht festlegbar, da in den Quellen öfters "mehrere" als Anzahl und ohne Namensnennung angegeben ist und einige Daten aus der Kartothek stammen, die nicht nachprüfbar waren. Der Ausgang vieler Prozesse ist unbekannt. Ca. 10 Männer befinden sich unter den Angeklagten, davon wurden vier hingerichtet, zwei von ihnen wegen Falschmünzerei, Handels mit Leichenteilen und Diebstahls. Zwei Mädchen mit 10 Jahren wurden ebenfalls als Hexen inhaftiert.

 

Damit bestätigt sich (leider), daß auch in Nürnberg zahlreiche Frauen und wenige Männer der Hexerei verdächtigt, angeklagt, gefoltert wurden und widersinnige Aussagen in der Folter machten. Die Folterknechte in Nürnberg scheinen teilweise sehr scharf gewesen zu sein, besonders in den Prozessen 1659 der Mauterin und der Mettmannin. Eine Frau beging aus Angst Selbstmord in der Haft.

 

Das Hersagen von Zaubersprüchen (s. Wolfssegen unten) führte zu harten Bestrafungen.

 

Auch in der protestantischen Reichsstadt Nürnberg, die als Welthandelsstadt für aufgeschlossen galt, berühmt war und in der zahlreiche Humanisten lebten, wurden Teufelsbuhlschaft und Teufelspakt der angeklagten Frauen als Tatsache angesehen und führten zur Verurteilung, in einigen Fällen zum Todesurteil.

 

In dieser Sache folgten Juristen und Theologen der Stadt und der Universität Altdorf, wie vermutlich auch Patrizier und die Bürgerschaft dem Wort Luthers nach 2. Mose 22, 17: Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen. Eine Verschärfung in der Rechtsprechung und in den theologischen Ansichten im Laufe der Jahrhunderte , vom 15. bis zum 17. Jahrhundert wird deutlich.

 

Dagegen steht das Verhalten der Juristen bei Hexenprozessen in der Reichsstadt Rothenburg. Der Rat der Reichsstadt Weißenburg holte sich Rat in Sachen Hexen bei den Theologen und Juristen Nürnbergs, ebenso die Ratsherren von Weißenburg.

 

Da die Aktenlage unvollständig ist und die Aufzeichnungen in der Chronik der Stadt in dieser Zeit teilweise fehlen, vermissen wir die Bestätigung vieler Urteile und deren Vollzug. Nach dem damaligen Vorgehen ist es aber sehr wahrscheinlich, daß alle Angeklagten, die in der Folter gestanden hatten, mit schweren Leibstrafen oder mit dem Tode belegt wurden. Auch in Nürnberg wurden die Vermögen der rechtskräftig als Hexen verurteilten Frauen und Männer vom Rat der Stadt Nürnberg eingezogen.

 

Der Verweis aus der Stadt Nürnberg brachte den Verurteilten nicht nur Verfolgung und Armut, sondern die Vertriebenen waren auch als Landstreichende Verfemte und durften kein ordentliches Gewerbe treiben. Es fällt auf, dass zahlreiche Angeklagte keine BürgerInnen der Stadt Nürnberg waren, sondern aus dem Umland stammten.

 

Die Prozesse im 16. Jahrhundert wurden von lutherischen Theologen und Juristen begutachtet. In dem Gutachten der Nürnberger Juristen und Theologen in Hexenangelegenheiten für die Reichsstadt Weißenburg äußern sich die Theologen strenger und unerbittlicher.

 

Zwei Mädchen mit je 10 Jahren, die Magdalena Wanderin und die Susanne Rabin waren unter den Gefolterten und Verurteilten.

 

 

 

Die ersten Fälle bis 1536 in Nürnberg

Die Margarete Kleinin wollte der Paumännin schaden, weil diese ihr den Ehemann abspenstig gemacht hatte. Im Juli 1527 wurde sie als Hexe bezichtigt, eingekerkert und mehrfach auch unter der Folter verhört. Die Kleinin gab zu, sie habe der Paumännin Wachs, mit anderen Dingen vermischt, als Schadenszauber zukommen lassen. Da aber kein Schade entstanden war, hätte der Fall nach den Vorschriften der Carolina auf sich beruhen können. In Nürnberg setzten sich aber die Juristen durch, die eine genaue Untersuchung forderten. Es wurde unter der Folter nach Helfershelferinnen und Lehrmeisterinnen gefragt. Die von der Kleinin besagte Margarethe Lutvöglin wurde darauf als Lehrerin in Hexensachen ebenfalls festgesetzt und peinlich verhört. Die Juristen Dr. Valentin Kötzler und Dr. Gugel urteilten streng und forderten die Todesstrafe "derhalben das Vorhaben und der böse Wille nach gemeinen Rechten, mehr zu achten sei, denn das Werk ..." Dagegen sprach sich der Jurist Dr. Scheurl aus, denn derlei Dinge geschähen gar viele in der Welt. Er war für Milde. Das Urteil ist nicht bekannt. Vielleicht sind die gefolterten Frauen auch nach monatelanger Haft bereits verstorben.

 

Die unterschiedlichen Meinungen der Juristen zeigen auch, wie unterschiedlich in dieser Zeit geurteilt wurde. Hexenangst und Bezichtigungen nahmen im Laufe der Glaubenskämpfe zu. Auf ein böses Gerücht hin wurde 1528 die Katharina Leitschneiderin, eine Heilerin, festgesetzt und zweimal hart gefoltert. Sie gestand nicht. Es konnte ihr auch kein Schadenszauber nachgewiesen werden. Trotzdem blieb sie längere Zeit in den Lochgefängnissen eingekerkert ohne jedes Tageslicht, zwischen Ungeziefer und Ratten. Von ihrem weiteren Schicksal wissen wir nichts.

 


Gegen die Zauberei

"Der Unglauben hat überhand genommen

man hält wenig vom Wort Gottes,

sobald einem etwas widerwärtiges begegnet,

läuft er gen Dormitz und zu anderen Wahrsagern

und sucht Rat und Zuflucht."

...

"Die anderen Leut aber, die nicht gläubig oder Christen sein, bei denen auch on das Wort nit statt hat (gemeint sind wohl die Altgläubigen), werden durch Predigen davon nicht zu bringen sein, sondern gegen dieselben muß mit der Straf gehandelt werden und endlich, wo meine Herren (gemeint ist der Rat der Stadt) gegen dieselben das Schwert nicht brauchen, so werden sy die Prediger mit ihrem Predigen nicht wohl herneben kommen (gemeint ist wohl, daß sich die Prediger ohne weltliche Gewalt nicht durchsetzen können)." [3]

 

Die Theologen forderten ein strengeres Vorgehen des Rates und die Todesstrafe in Sachen Zauberei und Hexerei. Denn nach der (frühen) Lehre Luthers, der alle zu folgen hatten, sollte allein das Wort, nicht Ritualpraktiken wie Weihwasser, Segensprechen, Beschwörungen oder Reliquienschutz gelten. Dies war aber in katholischen Gebieten weiterhin verbreitet, besonders - wie die Herkunftsorte der Beschuldigten vermuten lassen - auf dem Lande, auch dort, wo der evang. Markgraf, mit dem der Rat zeitweilig in Fehde lag, regierte. Besonders streng äußerten sich der Prediger von St. Jakob, Thomas Venatorius, und der Magister Veit Dietrich von St. Sebald.

 

"... man soll draußen überall eine Visitation abhalten, wodurch man viele dieser und anderer Laster finden werde, um die Zauberei auf dem Lande unter dem gemeinen Volke auszurotten." [4]

 

 

Verhörfragen in Nürnberg

Aus dem Fragenkatalog, den der Jurist Dr. Christoph Scheurl im Fall Adelheit Schneiderin zu weiterem Verhör mit Folter 1536 empfiehlt:

 

Befragt werden sollen noch die Mutter und Tochter der Adelheit,
das Gesinde des Bauern Cuntz Erhardt,
weitere Leute, deren Vieh umgekommen sei,
die Nachbarn der besagten beiden Frauen, ob sie eine Drud sei,
der Nadelbauer in Muggenhof,
der Ehemann der Adelheit die Nachbarn der Adelheit.


Außerdem solle man nach den Widerton suchen und fragen:
wie sie sich dem Teufel ergeben habe,
wann und wie sie in die Lüfte gefahren sei.

 

 

 

Adelheit und Els Schneiderin, Katharina Maylin 1536

Aus den Prozessakten der Adelheit Schneiderin aus Röthenbach bei St. Wolfgang bei Wendelstein, der Els Schneiderin aus Gebersdorf, der Katharina Maylin aus Unterasbach und unterschiedliche Stellungnahmen der Theologen und der Juristen in Nürnberg:

  • Im März 1536 wurde Adelheit Schneiderin aus Röthenbach (bei St. Wolfgang, markgräfliches Gebiet) wegen Zauberei beim Rat der Stadt Nürnberg angeklagt. Erste Befragung am Wohnort (den Inhalt kennen wir nicht).
  • Festnahme und Überführung in die Lochgefängnisse in Nürnberg.
  • Verhör und Androhung der Tortur, Leugnen und Besagung der Els Schneiderin aus Gebersdorf und der Katharina Maylin aus Unterasbach.
  • Zweites Verhör der Adelheit Schneiderin, abermals Leugnen.
  • Dritte Befragung unter Folter: die Adelheit gesteht Viehzauber auf Wunsch eines Bauern mit Kräutern, bes. mit "Widerton" für 5 fl. Das Vieh war verstorben. In der Folter gesteht sie weiterhin Auffliegen mit dem Zaubermittel Widerton.
  • Viertes Verhör unter Folter: Sie gesteht Fliegen mit Hilfe eines Gespenstes und Teufelsbund (?)
  • Verhaftung der besagten Els Schneiderin.
  • Fünfte Befragung und Tortur der Adelheit und der Els Schneiderin, die aber nicht gesteht.
  • Verhaftung und Verhör der Katharina Maylin aus Unterasbach, die aber auch nicht gesteht.


Die Stellung der Juristen im Rechtsgutachten ist unterschiedlich: Dr. Gugel glaubt, die bösen Geister können sich mit Menschen vermischen und plädiert für die Todesstrafe. Dr. Christoph Scheurl, bekannter Nürnberger Jurist und Humanist, ist der Meinung, die Frau sei, mit dem Brand zu bestrafen, denn sie habe Schaden gezaubert und sie solle weiter verhört und gefoltert werden. Für die beiden Mitangeklagten reiche das Beweismaterial nicht aus.

 

Dr. Hepstein glaubt: Zauberei und Hexerei sei Fantasterei und Selbsttäuschung. Sie beruht auf "Unglauben, Unverstand und Einbildung". Er empfiehlt, beide Frauen umgehend aus der Haft zu entlassen. Die Adelheit aber habe betrogen und falsch bezichtigt. Sie solle Abbitte tun und eine Leibstrafe erhalten. Die Els und die Katharina werden daraufhin entlassen.

 

Der Rat der luth. Theologen: Dr. Pömer, St. Lorenz, Venatorius, St. Jakob, Dr. Linck, Prediger zu Hl. Geist. Sie glauben an Teufel und Hexenwerk und führen dafür dieselben Bibelstellen an, wie sie auch im Hexenhammer zu lesen sind. Die Adelheit Schneiderin sei aber keine Hexe, sondern habe die Leute genarrt. Sie raten dem Rat, aus politischen Gründen - derzeit waren die luth. in einer schwierigen politischen Lage - die Delinquentinnen laufen zu lassen, da sonst das Volk erst aufmerksam werde. Der Ausgang des Prozesses ist nicht bekannt.

 

 

Die Zauberin von Dormitz

Kunigunde Hirtin stand schon lange in dem Ruf, eine Zauberin und Wahrsagerin zu sein. Zu ihr pilgerten die Leute, vorzüglich Frauen, um sich in Liebesdingen und bei Krankheit beraten zu lassen und um die Zukunft zu erfahren. Diese Frau wird in der Überlieferung als Zauberin bezeichnet. Sie war wohl das, was wir heute unter einer Heilerin, Hellseherin oder Wahrsagerin verstehen. Bei der zunehmend schärferen Diskussion der evang. Theologen in Nürnberg zum Thema Hexerei nach Einführung der Reformation 1524, fahnden nun die Nürnberger Stadtväter nach der Zauberin. Zu dieser Zeit wurden noch Todesurteile in dieser Sache von den Ratsherren abgelehnt, so auch im Falle Adelheit Schneiderin, da "allemal gefünden, daß es kein Grund hab, sondern lauter Wahn sei, darum hab mans anders nicht gestraft, als durch Landverbot." Ab ca. 1531 stritten sich dann Juristen und Theologen zunehmend an vielen Orten um die Entscheidungskompetenz in Sachen Hexenwesen und dessen Bestrafung. Es ging darum, ob es Fantasterei oder Teufelswerk und damit Gotteslästerung sei.

 

In diese Diskussionen der gelehrten Herren gerät die Zauberin aus Dormitz, einem kleinen Bauerndorf bei Uttenreuth, etwa 30 km von Nürnberg entfernt. Der Ort war nicht auf reichsstädtischem Gebiet gelegen. 1531, 10. Oktober, Folter und peinliches Verhör der Kunigunde Hirtin aus Dormitz wegen Zauberei und Wahrsagerei, sie hat wohl nicht gestanden und wurde freigelassen. 1531, 6. November, Ratserlass Nürnbergs, der befiehlt, die Hirtin sofort festzunehmen, wenn sie sich auf reichsstädtischem Gebiet befinden sollte. Offensichtlich war die Hirtin entkommen, und die Leute pilgerten weiter nach Dormitz, um sich in Liebessachen u.a. helfen zu lassen. Der Rat fürchtete um sein Ansehen als Obrigkeit.

 

Die Theologen setzten sich dafür ein, daß ein Mandat gegen die Hexerei und Zauberei auf dem Lande erlassen werde, da mit Predigen allein nichts auszurichten sei. Auch die Juristen sprechen sich jetzt für die Verfolgung von Hexerei, Zauberei, Wahrsagen und Segensprechen aus. Die Todesstrafe wird angedroht. Der Jurist Dr. Dr. Christian Scheurl agierte besonders streng . Der Rat der Stadt versuchte, der Zauberin in Dormitz, zu der viele Leute liefen, habhaft zu werden, was ihm aber nicht gelang. Die Kunigunde Hirtin aus Dormitz hatte offensichtlich so viele AnhängerInnen und Kundschaft, daß sie weiterhin ihre Besucher zufriedenstellen konnte. Der Fall der Wahrsagerin verläuft sich in den Akten.

 

 

 

Mandat gegen Hexen und Zauberei der Nürnberger Ratsherren

"Wie wohl ein Ehrbarer Rat viel Fleiß darauf verwendet hat, alle seine Bürger, Untertanen und Verwandten allhier und an auswärtigen Gebieten mit christlichen getreuen Unterweisern und Lehrern des Heiligen Evangeliums unvermischter reiner Lehre des Gotteswortes zu versehen (gemeint sind lutherische Lehrer und Pfarrer) dieser Art, daß auch alle Christenglieder nunmehr zu der Erkenntnis gekommen sein sollten, sich vor allen unchristlichen Irrsalen und Teufelsgespenst zu hüten, so kommt doch dem Ehrbaren Rate glaubhaft zu Ohren, daß sich nicht allein hier in dieser Stadt, sondern auch auf dem Land viele Bürger und Untertanen unterstehn, allerlei Irrsalen und Teufelsgespenst zu gebrauchen, zu den Wahrsagern und Wahrsagerinnen, wie sie sich nennen, zu laufen und ihre Unterweisung zur Abhilfe ihrer Krankheit, Mängel und Beschwerung durch Kreuzer (Geld), Segen und andere Zauberei, die doch ein offensichtlich greifbarer Irrtum sind um falscher Betrug, anzunehmen und also wider die Gebote Gottes und zur Schmach seines heiligsten Wortes und Evangeliums, statt diesem zu vertrauen.

Daß aber ein Ehrbarer Rat, als der von Gott verordneten Obrigkeit nicht allein seines schuldigen Amtes wegen, sondern auch der künftigen Rache und Strafe, so er in dieser Sache nachlässig erscheinen sollte zu entfliehen, es als seine Pflicht ansieht, dieses Zaubereiwesen abzustellen. ... Hiermit warnen sie alle Bürger ihres Gebietes und gebieten ihnen ernsthaft, sich solcher Leichtfertigkeit des Wahrsagens und der Zauberei als eines offensichtlichen Teufelsgespenstes und Falschheit und Betruges auch anderer dergleichen unchristlicher Zauberei zu enthalten ... auch bei ihnen (Wahrsager und Wahrsagerinnen) keinen Rat suchen oder annehmen ... Denn Welcher oder Welche (gemeint sind ZauberInnen) hier in dieser Stadt oder auf dem Land nah oder fern mit solchen unchristlichen Teufelsgespensten, Wahrsagen und Zaubereien umgehen oder bei denselben, seien sie auf Ratsgebiet oder nicht, Rat und Unterweisung suchen und annehmen, wenn der Rat davon erfährt und wenn diese sich nicht mit ihren Eiden und Rechten unschuldig erweisen, gegen diese gedenkt der Rat mit schonungsloser ernstlicher Straf dermaßen vorzugehen und zu verfahren, daß wenn ihre Schuld und ihr Mißfallen in der Tat vermerkt werden sollen.

Danach wisse sich jeder zu richten." [5] 

 

Dieses Edikt wurde überall in der Stadt und auf dem Land im Gebiet der Reichsstadt verlesen und angeschlagen. Auch der Pfänder, die oberste Sicherheitsbehörde, sollte denen, die täglich zur Wahrsagerin nach Dormitz laufen, davon Kunde geben. Sie sollten gemäß dieses Mandates angeklagt werden. Dennoch hatte diese Drohung offensichtlich nicht die gewünschte Wirkung, denn noch mehrmals in den folgenden Jahren wurde von der unerwünschten und verbotenen Tätigkeit der Wahrsagerin berichtet. Der Rat verhängte außer den Leibstrafen noch Geldstrafen für die BesucherInnen der Zauberin von Dormitz.

 

Zunächst ging es dem Rat vor allem um den Kampf gegen Aberglauben und die ungebetenen Heilerinnen. Es wurden 1539 bis 1550 fünf Frauen aus Mosbach, aus Gostenhof, aus Gründlach und aus Nürnberg der Zauberei bezichtigt, festgenommen, verhört und teilweise gefoltert. Ein Mann wurde "Zauberer und Schwarzkünstler" genannt. Einer klagte seine Ehefrau und vermutlich ihren Liebhaber an, weil sie ihm angeblich ein "zauberisches Säcklein" ins Bett gelegt hätten.

 

Das Nürnberger Edikt gegen Zauberei und Hexerei von 1536 sollte einerseits den lutherischen Glaubenseifer bezeugen und andererseits obrigkeitlichen Gehorsam zeigen. Jetzt ging es darum, Exempel zu statuieren. Es wird wohl kaum noch eine Frau gewagt haben, zu einer Heilerin oder Kräuterfrau zu gehen und sie um ihre Dienste zu bitten. Auch wurden heilkundige Frauen, die vorher offenbar zahlreich in und um Nürnberg tätig waren, nicht mehr besonders genannt.

 

Alle Heilerinnen wurden aufgrund des Mandates verbotener Zauberei verdächtigt. Vermutlich breitete sich in diesen Jahren besonders auf dem Land allerorts Angst vor Verhaftung aus.

 

 

Straff der Zauberei

"Item so jemand den Leuten durch Zauberei

Schaden oder Nachteil zufügt,

soll man straffen vom Leben zum Tode..."

"Wo aber jemand Zauberei gebraucht

und damit niemand Schaden getan hat,

soll sonst gestraft werden nach Gelegenheit der Sache ..." [6]

 

 

Um 1590: An zahlreichen Orten Hexenprozesse

Zum Ende des 16. Jh. trat eine zunehmend schärfere theologische Anschauung in den Fragen der Hexenverfolgung zutage. Das Gutachten der Nürnberger Theologen, das der Weißenburger Reichsstadt auf deren Verlangen ausgestellt wurde, zeigte diese, im Gegensatz zu einer mehr besonnenen Haltung der Juristen. In diesen Jahren erwarteten viele Gläubige das Ende der Welt und fürchteten, der Teufel mit seinen Helfern, den Hexen, könnte den Machtstreit gegen Gott gewinnen. Somit müssten alle Hexen als Verbündete des Teufels ausgerottet werden. Viele evang. Reichsstädte in Franken verbrannten in den Jahren 1590/92 und 1598 zahlreiche Frauen mit langatmigen Verfahren, in denen immer die Macht des Teufels, die sich in der Hexerei spiegele und den Gläubigen ängstige, bekämpft wurde.

 

In Dinkelsbühl, Weißenburg/ Ellingen, Windsheim und in der Markgrafschaft kam es zu zahlreichen Todesurteilen.

 

In katholischen Gebieten, in denen jetzt die Gegenreformation in vollem Gange war, wurden ungezählte Frauen als Hexen verfolgt. Hass und Streit zwischen benachbarten Herrschaftsbereichen unterschiedlicher Konfession führte immer wieder zu gegenseitigen Verdächtigungen und Besagungen. Ein Regiment bedrohte das andere, die als Hexen Bezichtigten nicht genügend streng und christlich zu verfolgen und unterstelle dem Gegner Ungläubigkeit oder sogar Mitwirken bei teuflischen Machenschaften. Deutlich zu erkennen war dies bei den Drohungen des Komturs von Ellingen an die Reichsstadt Weißenburg.

 

In Nürnberg fanden in der gesamten Zeit der Verfolgungen mindestens 10 Prozesse mit Todesausgang statt. In der Reichsstadt Rothenburg verhielten sich die Juristen zusammen mit den Theologen besonnener. Unvergleichlich schlimmer und grausamer waren allerdings in Franken die Hexenverfolgungen in den katholischen Herrschaftsgebieten, besonders in den Fürstbistümern Würzburg, Bamberg und Eichstätt oder in der Deutschordenskomturei Ellingen zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Hier wurde in Serienprozessen nach nur einer Nennung des Namens bei verhaftet und oftmals sogleich in der Folter nach dem Bekenntnis des Teufelspaktes gesucht, das unweigerlich zum Todesurteil wegen Gotteslästerung und Ketzerei führte.

 

 

 

Der Fall Stigler, ein Henkersknecht in Nürnberg, 1590

Friedrich Stigler, der Sohn eines Nürnberger Rotschmieds, kam aus dem kath. Eichstätt, wo er als Henkersknecht wohl bei zahlreichen Hexenprozessen mitgewirkt hatte. Die Anklage des Nürnberger Rates lautete, er wiegele das Volk auf und habe Bürgerfrauen als Hexen bezeichnet. Das führte zu Unruhe unter den Bürgern und besonders den Bürgerinnen. Der Rat schritt ein. Nach einer peinlichen Befragung gestand Stigler, er sei von den Leuten gefragt worden, ob er wisse, ob sie als Trud in peinlichen Verhören in Eichstätt angegeben worden waren. Panische Angst hatte sich unter den Frauen verbreitet, denn dieser barbarische Henkersknecht konnte viele Namen von in der Folter besagten Frauen wissen und angeben. Friedrich Stigler verkaufte obendrein Säcklein mit "geweihtem Salz, Brot und Wachs" gegen Hexenschuß (gegen das Drutendrücken). Die "heilsamen" Materialien habe er von den als Hexen Hingerichteten. Stigler behauptete, in der Leder- und Schmiedgasse gebe es elf Hexen, sechs richtige und fünf Lehrmädchen. Es hieß, er sei ein Teufelsbanner und habe die Klaiberin beim Weißen Turm verzaubert. Der Rat, argwöhnisch geworden, ob dahinter ein gezieltes Vorgehen des Eichstätter Bischofs stehe, fragte den Stigler in wessen Auftrag er handele. Es kam heraus, daß er auch ein Eheschwindler war und mit drei Frauen gleichzeitig verheiratet war.

 

Der Henkersknecht wurde wegen Betrugs, wegen Handelns mit zauberischen Dingen, wegen übler Nachrede und auch wohl wegen Bigamie zum Tode durch das Schwert verurteilt.

 

An vielen Orten, wo Delinquenten wegen Hexerei hingerichtet wurden, blühte ein schwungvoller Handel mit Leichenteilen und obskuren Dingen der Hingerichteten, von denen man sich besonderen Zauberkräfte versprach. Damit konnte viel Geld verdient werden. Bei den Hexenverbrennungen 1590 zu Heilsbronn, das in der protestantischen Markgrafschaft liegt, wurden in der Folter auch die Namen von zwei Nürnbergerinnen angegeben: die Barbara Schindlerin und die Appolonia Hofferin. Sie waren von dem eifrigen Pfleger in Lichtenau, um das derzeit gestritten wurde, vom Rat gemeldet worden. Der ließ sie sogleich zur gründlicheren Erforschung des Hexenunwesens nach Nürnberg bringen und dort befragen. Es kam heraus, daß die Barbara Schindlerin 15 (!) Jahre zuvor bei einer Hochzeit als Hexe bezichtigt worden war und beide Frauen wurden des Schadenzaubers verdächtigt. Die Juristen kamen nach langer Diskussion zu dem Schluß, die Beschuldigungen seien aus Hass und Neid von der Appolonia Hofferin in die Welt gesetzt worden. Das Urteil ist nicht bekannt.

 

Margareta Fleischmännin, aus Fürth stammend, wurde in Cadolzburg der Hexerei beschuldigt. Aus Angst vor der Folter nahm sie sich das Leben. Der Rat der Stadt Nürnberg ließ in dem ebenfalls strittigen Territorium ihre Leiche 1592 ausgraben, um festzustellen, ob man Hexenzeichen am Körper entdecken könne. Da kein Geständnis vorlag, wollte man so feststellen, ob die Frau eine Hexe gewesen sei. Offenbar wollte der Markgraf das Vermögen der Toten einziehen. Das wäre nur bei einer Hexe rechtens gewesen. Die beiden Herrschaften lagen im Dauerstreit miteinander. Mehrfach ist überliefert, daß am 6. 12. 1591 fünf bzw. acht Unholdinnen in Nürnberg verbrannt worden seien. Dies ist auch in einem alten Malefizbuch vermerkt. Gesichert sind diese Fälle nicht, da die Aktenlage überall lückenhaft ist.

 

1597/1598 wurde in Nürnberg gegen Elisabeth Aurholdin, eine Näherin mit Stelzfuß, ermittelt. Sie soll mit zauberischen Mitteln und dergleichen Machenschaften, Schatzsuche und Teufelsbeschwörung betrieben haben. Genaueres ist uns nicht bekannt. Sie wurde vom Rat der Stadt Nürnberg zum Tode verurteilt und am 9. 2. 1598 hingerichtet.´

 

 

Die späten Hexenprozesse 1659

Die politische Situation und die finanzielle Lage der Freien Reichsstadt Nürnberg war nach dem Dreißigjährigen Krieg und der Niederlage der Lutherischen verheerend. Die Stadt strotzte von Glaubensflüchtlingen, sie war verarmt wegen der riesigen Reparationen, die sie nach dem Glaubenskrieg zahlen mußte und die Pest wütete unter der Bevölkerung. Rundherum brannten in den kath. Fürstbistümern die Hexenfeuer zu Massen. Aberhunderte kamen um in Bamberg, Würzburg und in Eichstätt.

 

Noch im Jahre 1659 fanden in Nürnberg zwei Aufsehen erregende Hexenprozesse mit Todesurteil statt, in einer Zeit, zu der sogar in Bamberg das Brennen beruhigt war. Was die Ratsherren zu diesen späten Todesurteilen bewog, ist nicht deutlich. Die beiden armen Frauen wurden, wie Jahre lang vorher, widersinnige, abergläubische Vergehen zur Last gelegt:

  • Teufelsbuhlschaft
  • Auffliegen zum Hexensabbat
  • Verwenden von Hostien für Zaubermittel.

 

Diese Beschuldigungen waren - soweit wir wissen - bis dahin in Nürnberg nicht aktenkundig geworden. Ein Schadenszauber wurde nicht nachgewiesen. Beide Frauen, die Margaretha Mauterin und die Maria Regine Metmannin, wurden hingerichtet.

 

Nach dem Ende des 30jährigen Krieges, als Deutschland und auch Nürnberg durch die blutigen Glaubensauseinandersetzungen zermürbt, verarmt und verwüstet darniederlagen, hat sich besonders in katholischen Gebieten ein scharfes Vorgehen gegen die als Hexen angeklagten Frauen durchgesetzt. Auch in Nürnberg wurden Margarethe Mauterin und Maria Regina Metmannin mehrfach gefoltert und obwohl sie nicht gestanden, wegen Teufelsbuhlschaft hingerichtet. Diese Fälle wurden bisher zu wenig beachtet. Offenbar hat sich eine neue Generation von Juristen und Theologen durchgesetzt, die jetzt wegen Hexerei Angeklagte mehrfach und streng folterte, obwohl die Angeklagten nicht geständig waren oder mehrfach widerrriefen. Das war wider das Kaiserliche Recht, die Carolina, die in früheren Jahren in Nürnberg peinlich genau beachtet wurde.

 

Die schwierige politische Lage der protestantischen Reichsstadt Nürnberg nach dem Sieg der katholischen Liga und dem Frieden 1648 mag wohl ein Grund für dieses Vorgehen gewesen sein. Die feindlichen Parteien beschuldigten sich gegenseitig, Teufelsdienerinnen und Hexen zu beherbergen und sie nicht streng genug auszurotten. Die Überlieferung der Quellen ist auch in Nürnberg unvollständig. Der Ausgang der Prozesse ist in vielen Fällen nicht dokumentiert.

 

Margaretha Mauterin + 26. April 1659
und Maria Regine Metmannin + 17. Mai 1659.
Beide wurden nach der Folter in Nürnberg als Hexen hingerichtet.
Ein Gedenken an diese beiden Frauen wäre wünschenswert.

 

Auf eine Beschuldigung hin, ohne nachweisbaren Schaden, wurde Margaretha Mauterin, die Ehefrau eines Scharfschützen, verhaftet und der Hexerei bezichtigt. Da sie früher mit Georg Staudinger, einem Henkersknecht, verheiratet gewesen war, haftete ihr offenbar das Gerücht an, mit obskuren Dingen umzugehen. Sie wurde beschuldigt, sie habe sich dem Teufel verschworen, die Taufe verleugnet, Gott gelästert, mit dem Teufel Geschlechtsverkehr gehabt und mehrfach die geweihten Hostien nach dem Abendmahl dem Teufel überreicht. Alle diese Beschuldigungen wurden in der Tortur, die die arme, tapfere Frau mehrfach erleiden mußte, teilweise zugegeben und mehrfach widerrufen.

 

Damit hätte die Sache, da auch kein Schaden nachgewiesen werden konnte, erledigt sein können, wäre man der Carolina wie bisher gefolgt. Aber die Ratsherren sandten der Mauterin Geistliche ins Lochgefängnis, die ihr die ewige Verdammnis vor Augen hielten. Die tapfere Frau bekannte dennoch nicht.

 

Sie wurde wiederum auf Ratsbeschluß gefoltert. Die früher hochverehrten Nürnberger Juristen mit Dr. Wölcker plädierten für weitere Torturen. Der Jurist Dr. Fetzer war als einziger dagegen.

 

Nur weil die Mauterin an der Folter zu sterben drohte, wurde ihr endlich das Todesurteil gesprochen. Dennoch beharrten die evangelischen Geistlichen von St. Sebald auf weiteren Geständnissen. Am 26. 04. 1659 wurde Margaretha Mauterin in Nürnberg hingerichtet, indem sie vor dem Verbrennen Gnaden halber erwürgt wurde. Die Asche - um auch ihrem Leib keine Ruhe in geweihter Erde zukommen zu lassen - wurde in alle Winde verstreut.

 

Drei Tage vor der Hinrichtung der Mauterin wurde Maria Regine Metmannin, eine verwachsene Dienstmagd, wegen Hexerei beschuldigt, festgenommen, verhört und gefoltert. In der Tortur wurde sie beschuldigt, dem christlichen Glauben abgeschworen zu haben, die Taufe verleugnet und sich dem Teufel ergeben zu haben. Auch hier ohne Schadensnachweis die üblichen Hexereiverbrechen, wie sie so in Nürnberg bisher nicht protokolliert wurden. Die tapfere Metmannin hat mehrfach ihr Geständnis zurückgezogen.

 

Die Ratsherren beharrten auf Tortur und Geständnis der irrwitzigen Beschuldigungen, nicht anders als anderswo. Ein zehnjähriges Mädchen, die Magdalena Wanderin, war in die Sache einbezogen, da man sie zufällig aufgefunden hatte. Es war behauptet worden, sie sei durch den Teufel eingeflogen worden. Am 17. Mai 1659 wurde Maria Regine Metmannin hingerichtet. Weil sie bucklig war und der Scharfrichter Angst hatte, sie mit dem Schwert nicht richtig zu treffen, wurde ihr noch eine besondere Gnade zuteil: sie wurde erwürgt.

 

Die Akten sind unvollständig. Die Cautio Criminalis des Jesuiten Spee, die wie mehrfach vermutet wird, zum Ende der Hexenverfolgungen führte, lag bereits 1631 gedruckt in deutsch in Rinteln an der Weser vor. Ob dieses Buch allerdings zu dieser Zeit in Franken bekannt war und gelesen wurde, konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Verbreitet wurde es später vor allem in Köln und in Paderborn. [7] 

 

  

Das Urteil gegen die Margaretha Mauterin

die am 26. April 1659 als Hexe hingerichtet wurde.

 

"Alß nun nach gewöhnlichen aufleithen die in hernachfolgenter urtheln benambste ubelthäterin vor gericht gebracht, ist ihr beruhrte urthel so zuvor ingesampten rath einhellig geschloßen, durch den gerichtsschreiber deutlich vor und abgeleßen worden.

 

Nachdem ein wohl edler gestrenger und hochweiser rath dieser statt unßere herren von obrigkeit und ampts wegen gegenwertige Margaretha anietzo Hanßen Mauterers, stattschützen alhier eheweib, den 23. Marty jüngsthin außrechtmäßigen billichen ursachen in ihrer wohnbehausung gefänglich annehmen und in die loch verhaft führen laßen, hat sich in denen mit ihr unterschiedlich vorgenommenen verhören befunden, sie auch bekanntlich außgesagt, daß sie bereits vor acht iahren bey lebzeithen ihres vorigen ehemanns Georg Staudingers, geweßenen löben alhier, auß leichtsinniger verachtung Gottes und verzweiflung an seiner hülf und allmacht, auch auß begiert des zeitlichen guts und schnöden gewinns, den allerärgsten feind Gottes und des menschlichen geschlechts, den listigen Sathan zu hülf gerufen, auf deßen erscheinung und verführung der allerheyligsten hochgelobten dreyfaltigkeit vermittels grausamer Gottslästerungen abgesagt, dem Teufel sich zu aigen ergeben, mit ihme sich abscheulich vermischet, die heylige oblaten bei empfahung des hochwürdigen abendmahls zwei mahl aus dem mund genommen und dem boßen geist zugestellt, auch sich freventlich unterstanden und eingewilliget haben, ein und andere person auf des Teufels befehl ohne alle sonder ursach an leib und leben durch zauberey zu beschädigen.

 

Inmaßen sie solches alles mit umbständen vor des Heyl. Reichs pannrichter und zweyen geschwornen schöpfen frey, ledig und ungebunden nochmals bekannt, dardurch sie dann in die straf der haißgerichtsordnung gefallen ist, und ihr leib und leben verwürcket hat.

 

Dießem allen nach erkennen meine herren, die geschwornen schöpfen zu recht, daß die Margaretha Mauterin auf die gewöhnliche richtstatt geführet und daselbsten erstlich auß sonderbahren gnaden an einen pfal erwürgt, hernach mit feuer zu pulver und aschen verbrent werden solle, ihr selbsten zu einer wohlverdienten straf, anderen aber zu einem mercklichen exempel, sich vor dergleichen abscheuligen unthaten und greulen desto mehr wißend zu hüten. Decretum in senatu et executio facta per carnificem ut supra."

 

(Unterschrieben von den Ratsherren: C. Derrer, Paulus Harßdörffer, Veit Georg Holzschuer, Wolf Jakob Pömer, Ulrich Grundherr, Paul Albrecht Rieter, Georg Christoph Beheim, Georg Paulus Imhoff, Jobst Wilhelm Ebner, Johann Friedrich Löffelholz, Johann Wilhelm Haller) [8]

 

 

 


Quellen dieser Seite:

[1]   Werner Jürgensen, in: Stadtlexikon Nürnberg, 2. Auflage 2000, 445, H. Kunstmann, Zauberwahn und Hexenprozess in der Reichsstadt Nürnberg, 1970, Theologische Realenzyklopädie, Berlin, 1977 – 1989, XV, 297 – 304.

[2]   Hartmut Kunstmann, 1970, dort auch Weiteres

[3]   Aus dem Gutachten der Theologen, 1536, Kunstmann,1970.

[4]   Staatsarchiv Nürnberg Ratschlagbuch. Nr.9, fol. 115a

[5]   Mandat gegen Hexerei und Zauberei des Rates der Stadt Nürnberg Decretum in Cosilio 16. Juni 1536, Einblattdruck, Staatsarchiv Nürnberg, Nürnberger Druckschriften Nr. 46, Kunstmann, 1970, S. 70 f

[6]   Constitutio Criminalis Carolina, Kaiserliches Reichsstrafbuch, ab 1532 in Nürnberg gültig

[7]   Kunstmann, 1970, bes. S. 198 ff, dort werden Drohungen des Bamberger Fürstbischof J. G. Fuchs von Dornheim erwähnt, die Namen der Besagten nürnberger Bürger zu veröffentlichen. v. Dornheim floh allerdings bereits 1631 aus Angst vor einem kaiserlichen Eingreifen nach Kärnten.

[8]   Staatsarchiv Nürnberg, Ratsverlass 2491.