Weißenburg

Im Januar 1590, in dem Jahr der zahlreichen Hexenprozesse in Franken, wurden auch in der freien Reichsstadt Weißenburg einige Frauen der Hexerei angeklagt. Zwei von ihnen wurden verbrannt, eine starb an den Folgen der Folter nach einigen Monaten im Mai 1591.

 

Die Beschuldigungen mit zahlreichen Namensnennungen stammen von den als Hexen verdächtigten und gefolterten Frauen der katholischen Nachbarstadt Ellingen. Dort waren von den Deutschordensherren in den Monaten vorher bereits mindestens 70 Personen als Hexen beschuldigt und hingerichtet worden.

 

Nun drohte die katholische Komturei den evangelischen Reichsstädtern mit der öffentlichen Nennung der Beschuldigten, wenn die Weißenburger nicht umgehend ihre als Hexen Benannten anklagen und hinrichten würden. Diesem Druck beugten sich die Ratsherren und – nachdem sie sich Rat aus Nürnberg geholt hatten, nahmen sie Verdächtigte fest, verhörten, folterten und erwürgten die Margaretha Seibold und ein junges Mädchen aus Wengen. Die Weingärtnerin starb im Gefängnis nach der Folter. Wir wissen noch von sechs weiteren Fällen der Hexenanklage in Weißenburg. Die Frauen wurden aber wohl nicht mit dem Tode bestraft. Die Quellenlage ist lückenhaft.

 

Die Verfahren gegen die Frauen spiegeln auch den Glaubensstreit und die Konkurrenz zwischen den benachbarten Territorien - des katholischen Ordens und der evangelischen Freien Reichsstadt. Er wurde auf dem Rücken der als Hexen Verdächtigten ausgetragen wurde.

 

 

Die Hexenprozesse in Weißenburg

Januar       1590

6 Frauen werden in der katholischen Komturei Ellingen wegen Hexerei verbrannt, unter ihnen sind Anna Zahn und Barbara Bauner, die unter der Folter auch die  Bößmüllerin auf Weißenburger Gebiet als Hexe beschuldigten

16.03.1590

Drei Abgesandte aus Weißenburg wenden sich mit der Bitte um ein theologisches und juristisches Gutachten zum Hexenproblem an die Stadt Nürnberg. Die Ellinger hatten gedroht, die Namen der im Weißenburger Gebiet beschuldigten Frauen als Hexen öffentlich zu verlesen. Weißenburg war 1524 evangelisch geworden und wandte sich seit dieser Zeit mit allen Fragen nach Nürnberg.

17.04.1590

Zwei weitere Frauen werden in Ellingen als Hexen verbrannt.

22.04.1590

Das Gutachten der Rechtsgelehrten des Nürnberger Rates trifft in Weißenburg ein. Es rät zu sorgfältigem und besonnenem Vorgehen.

26.05.1590

Das Gutachten der evang. Theologen aus Nürnberg trifft in Weißenburg ein, es rät zu strengem Vorgehen gegen das Hexenwerk.

Anf. Juli 1590

Verhaftung der Margaretha, der Frau von Lienhard Seiboldt, Müller in der Bößmühle, genannt die Bößmüllerin, eine Hebamme aufgrund der Beschuldigungen hingerichteter Frauen aus Ellingen.

07.07.1590

Ein Scharfrichter aus Biberbach besichtig die Angeklagten und sucht nach Hexenzeichen. Er erhält dafür 4 Gulden.

22.07.1590

Nochmalige Besichtigung der beiden als Hexen beschuldigten Weiber durch einen Scharfrichter aus Lauingen.

August 1590

Die Weingärtnerin, eine 6o-jährige Witwe aus Weißenburg, wird wegen Hexereiverdachtes verhaftet.

19.09.1590

Wohl mehrmalige peinliche Befragung der Bößmüllerin und des Mägdleins Anna Frank aus Marsbach durch einen Scharfrichter aus Nördlingen, Geständnis der beiden.

14.10.1590

Urteil über die Bößmüllerin und das Mägdlein Anna Frank: Tod durch Strangulieren und anschließendes Verbrennen der Körper wegen “teuflischer Hexerei”.

14.12.1590

Hinrichtung der Bößmüllerin und des Mägdleins Anna zu Wengen und Schutzendorf durch Erwürgen und anschließendes Verbrennen.

10.05.1591

stirbt die Weingärtnerin an den Folgen der Tortur, die sie in der peinlichen Befragung erlitten hat.



Die Fälle Margaretha Bößmüllerin aus Weißenburg und der Anna Frank aus Weißenburg zeigen auch, wie im Verlauf dieser Jahre das Hexentreiben zwischen den vermutlich auch aus Glaubensgründen verfeindeten Territorien an Schärfe zunimmt.

 

 

Aussage der Barbara Bauner

Aussagen der Barbara Bauner aus dem katholischen Ellingen, in denen sie die Bößmüllerin aus dem evangelischen Weißenburg beschuldigt:

 

“... Sie sei mit der Bößmüllerin zusammen auf einem langen Stecken, den sie mit der Salbe geschmiert habe, in den Keller gefahren und habe dort Wein getrunken, sei ihr Buhl und die Bößmüllerin dabeigewest...”

“Item vor sechs Jahren sei sie meinem gnädigen Herrn Landkomtur in den Keller durch ein Loch hineingefahren, da Wein getrunken. Sei ihr Buhl Teufel und die  mit ihr gewesen” (Zwei weitere Nennungen von Weintrinken in fremden Kellern).

… “Item vor fünf Jahren sei sie auf ihrem Stecken zu der Hechenberger Linden gefahren, habe ein Teufel auf einer Schwegel (Pfeife) gepfiffen, sie getanzt und einen guten Mut gehabt, ihres Buhlen willen gepflegt, die Bößmüllerin dabeigewesen.” (Mehrere Nennungen von dergleichen Treffen).

… “Item Endres Webern Kuhhirtin zu Hausen habe sie vor vier Jahr eine rote Kuh in dem Garten an den Hals und Rücken geschmiert, daß sie innerhalb 14Tag danach gestorben, dazu ihr die Bößmüllerin geholfen.” (Vier weitere Nennungen von Schadenszauber an Kühen und Pferden).

… “Item vor sechs Jahren in dem Weißenburger Wald bei der Großen Eichen haben sie und die Bößmüllerin ein Wetter gemacht, hab die Müllerin einen neuen Haff genommen, ein wenig Wasser und Salben daringetan, mit einem Stecklein untereinandergerührt, je mehr sie es gerührt, je mehr es gedonnert, hernach hab sie es ausgeschüttet in aller Teufels Namen, sei nun über das Holz und das brache Feld auf Ettenstadt zugegangen aber nicht viel Schaden getan.” (Es werden weitere Wetterzauber genannt, die teilweise bereits sechs Jahre zurückliegen).

… “Item vor zwei Jahr hab sie, die Bößmüllerin, des Müllers von Hausen (= Weiboldshausen) Hausfrau seelig, an der Glatz und Glieder geschmiert, daß sie hernach sterben müssen.

Item vor ein Jahr des Schechtleins von Hagenbüch Sohns Endres genannt hab sie und die Bößmüllerin, mit der Salbe geschmiert, und sein gestorben.”

... “Item Feit Grundlern, jetzt auf der Hettenmühl, hab sie und die Bößmüllerin vergangenen Herbst ein Kindbett Kindlein so ein Mägdlein gewesen geschmiert, daß es gestorben.”

… “Item voriges Jahr dem Hans Weißlein zu Hüttingen ein Büblein mit der Salben geschmiert, sie und die Bößmüllerin, daß er gestorben.” [1]

 

Es folgen drei weitere Beschuldigungen von Kindstod durch Schmieren der Salbe an der Glatze. Es wird offenbar, daß die Bößmüllerin bei vielen Entbindungen als Hebamme und Helferin tätig gewesen war. Es folgen weitere Beschuldigungen von Walburga Steinlein, von Margaretha Methieder, von Dorothea Baurer aus Weilboldshausen und anderen. 

 

 

Gutachten der Nürnberger Theologen

… “Neben diesem muß auch die Obrigkeit an ihr Amt erinnert werden, daß sie wo es nötig sein möchte, des Schwertes Schneide herfürkehre ...”

 

“Sei nun das Verbrechen ungleich, so muß es mit den Strafen also auch gehalten, daß sie entweder verschärft oder vermildert werden müssen....”

“Es ist leider zu besorgen, wenn im Papsttum die abscheulichen Abgöttereien nicht abgeschafft werden, und wir auf unserer Seiten nicht rechtschaffene Buße tun, so werden solche Teulelswerke je länger desto mehr einreißen und überhand nehmen, und nicht aufhören, wenngleich die Hexen in großer Anzahl hingerichtet würden. Der Satan ist jetzt viel unmüßiger, als zuvor, denn es ist ihm wohl bewußt, daß die Welt zum Ende hin eilt und sein gerechtes Urteil hierzu eilet, darum richtet er allenthalben in der Welt ein greulich Blutbad an auch unter den Christen, schüret auch seinen Mitgenossen die Brände gar redlich, welche er aus der christlichen Gemeinde in seine Zunft gebracht und nicht allein in den zeitlichen Untergang sondern auch in ewiges Verderben gestürzt hat...”

16. Mai 1590.“

 

Unterzeichnet von Moritz Heling, Johann Schelhamer, Prediger zu St. Lorenz, Lorentz Turmhöfer, Prediger zu St. Egidien, Johann Kaufmann, Prediger im Spital, Heneus Schmidel, Prediger zu St. Sebald, Martinus Schallinger, zu Unser Lieben Frau. [2]

 

 

Wettermachen in Weißenburg

“Item vor 6 Jaren hab sy unnd die Bäßmüllerin ein Wetter helffen machen, uff ainer Wießen, derzue sie Pulver und Salben genommen in einen Hafen gethan, mit einem neuen Bäßen, unndereinander geruert, nach sollich hab sy ime selbsten umgeschidt, da sy es nicht gethan, werde es übell zueganngen, jelennger sy es rueren, je mehr es donner, und wan solches außgeschidt werde, so vergehe es widerumb, habe daß liebe Getreyds zimblich erschlagen, uft 2 Meill Wegs lanng unnd habe sonsten alles verderben sollen, unnd seyen die ander schelig gewesen, daß sy solches umbgeschidt etc.

Item vor 6 Jaren inn dein Weißenburger Waldt ein Wetter gemacht, so kheinen Schaden, als dem Holtz gethan, sey auch ein Pulver inn einen Hafen gewesen,darzue ir die Näßmüllerin unnd ander ir Gespillen geholffen etc.” [3]

 

“Item vor 6 Jaren, inn dem Weißenburger Waldt bey der großen Aichen, haben sy unnd die Bäßmüllerin ein Wetter gemacht, hab die Müllerin ein neuen Haffen genommen, ein wenig Wasser und Salben darin gethan mit einem Stecklein unnder einander geruert, je mehr sie es geruerth, je mehr es gedonnert,hernach hab sy es außgeschidt inn aller Teufel Namen, sey nun über das Holz unnd Brachveldt uff Ettenstatt zuegangen, aber nicht vill Schaden gethan. Item umb Jacobi verganngens Har, bey der Bäßmüll, ein Wetter uff Elling zuegericht, das doch kheinen Schaden gethan, sondern über die Kratzaue ganngen, habs die Bäßmüllerin zwischen der Hausner, unnd Weißenburger Grentz gemacht, einen Haffen genomen, ein wenig Wasser und Salben, so ihr der Teufel geben, darin gethan, daß es gedonnert.

Item von 3 Jaren bey der Baßmüll an dem Bach hab die Weberin ein Wetter gemacht, darein sy bewilligen mießen, daß gemacht wie ander, unnd sey die Weberin ein hefftiges Weib gewesen, solches hab bey dem Haußner, gemein Holtz ein Strich für sich genomen, das Traydt unnd ihr selbsten ein halben Jauchert erschlagen, sey die Bäßmüllerin darbey geweesen. Item verganngenen Sommer sey sy die Bäßmüllerin an die Altmühl gefahren, alda bey der Griß Bruckhen ein Tropffen Wasser unnd Salben inn ein Heffellein gethan, unnder einander geriert, in die Höch uffgeschüt, darauff ein Väbel khomen, daß die Plue ein theils verderbt etc.”. [4]

 

 

Gutachten der Juristen

… “Ein ehrbar Rat ist der Meinung, daß in diesen wichtigen Sachen behutsam vorgegangen werden muß und niemand sich übereile, sondern vor allen Dingen fleißige Achtung geben werden soll, wie es um die besagten und verdachten Personen beschaffen sei, wie sie sich bisher in ihrem Handel und Wandel gegen ihren Nachbarn und sonst zumeist mit Worten und Werken verhalten.

Ob sie sich eines rohen gottlosen Lebens befleißigten, sich ob ihrer Nachbarn oder anderer Leute Schaden, Verderben und Unglück gefreut haben oder worin sie sich sonst vergriffen oder verdächtig gemacht hätten …

Besonders wäre wohl zu bedenken, von wem die verdächtigten Leute des Hexenwerks beschuldigt und bezichtigt worden sind und ob dieselben Angeber und Kundschafter eines wesentlichen guten Rufs und Gewissens und auch glaubhaft seien und einen guten Namen hätten,

... oder ob sie Haß und Feindschaft zu den Angegebenen tragen und sie durch ihre Beschuldigung in Unglück, Schimpf und Spott zu werfen vermeinten. So könnte man auf solche Judizia (Beschuldigung) alleine ohne andere Adminicula (ohne anderes Beweismaterial) keineswegs fußen, noch viel weniger die bezeichneten Personen in Haft nehmen oder mit der Tortur und peinlicher Befragung angreifen, sonderlich wenn dieselben Verhafteten sich zur Notdurft entschuldigten und daran festzuhalten bitten.” [5]

 

 



Quellen dieser Seite:

[1]   Stadtarchiv Weißenburg A 1057

[2]   Gutachten der hochgelehrten evangelischen Theologen zu Nürnberg an die Reichsstadt Weißenburg, Stadtarchiv Weißenburg. A 1056

[3]   Aussage der Hausfrau von Georg Jonaß aus Weiboldshausen, 1590, Stadtarchiv Weißenburg, A 1056. Transscribiert von Kammerl

[4]   Aussage von Barbara, Michael Bauners Ehefrau, Weißenburg 1590, A 1057 Transscribiert von Kammerl

[5]   Gutachten der Nürnberger evang. Juristen an die Stadt Weißenburg, Mai 1590, Stadtarchiv Weißenburg A1056, transscribiert von Kammerl