Bistum Würzburg

Im Hochstift Würzburg nahmen ebenso wie im Hochstift Bamberg die Hexen- und Ketzerverfolgungen in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts lawinenartig zu. Es kam zu zahlreichen Serienprozessen ohne rechtmäßige Verfahren. In der Folter nur ein mal besagte Frauen und Männer wurden sogleich verhaftet, eingekerkert und oftmals ohne gütliche Vernehmung zu einem Geständnis unter der Folter gezwungen. [1]

 

Kaum jemand konnte diesem grausamen Verfahren entgehen. Es gab mehrere Gefängnisse eigens für Hexen in Würzburg, wo genau, ist bisher nicht bekannt, Neben dem Hexenturm, diente wahrscheinlich auch der Schneidturm in der Pleich und das Lochgefängnis im Rathausturm Grafeneckart der Einkerkerung. [2] Hier wurden auch solche Beschuldigte festgehalten, die trotz Folter nicht gestanden hatten. Sie wurden nicht frei gelassen, da man ihre Berichte fürchtete, oder sie sich weigerten, bekehrt zu werden, wie dies der oberste Seelsorger des Bistums verlangte ! Sie harrten verzweifelt auf ihren Tod.

Zeitgenossen sprachen von einem „Würzburgisch Werk“.

 

Drei Fürstbischöfe nacheinander verfolgten Hexen und Zauberer, Wahrsager und Abtrünnige. Es waren dies der oftmals hoch gerühmte Bischof Julius Echter von Mespelbrunn (1573-1617). Er trat seine Regierung mit dem erklärten Ziel an, die Glaubensabtrünnigen wieder zurückzugewinnen. Er predigte selber gegen Hexen und Ketzer und soll in zwei Jahren deren 100.000 rekatholisiert haben. Wer unwillig und unbotmäßig war, wurde als Ketzer oder als Trud verbrannt. Unter seine Regierung sind 300 Opfer zu beklagen. [3]

 

Seine Nachfolger, Fürstbischof Johann Gottfried von Aschhausen (1617-1623) und Philipp Adolph von Ehrenburg (1623-1631), trieben es noch schlimmer.

 

Die Verluste sind so immens und die genannten Zahl von 900 Verbrannten im ganzen Stift Würzburg wird mehrfach genannt.

Es sind Namenslisten mit 157 Personen und weiteren 219 Opfern allein in der Bischofsstadt Würzburg in zahlreichen Bränden verbürgt.

Mindestens 80 000 fl. aus dem Vermögens der Hingerichteten behielt der Fürstbischof von Würzburg. Hexenbrennen war hier ein lukratives Geschäft. Herrliche Barockbauten wurden errichtet, die heute, soweit sie dem Bombenhagel des zweiten Weltkrieges entgingen, nichts ahnend begeistert von zahlreichen Touristen bestaunt werden.

 

Das Gebiet des Hochstifts Würzburg am Obermain drohte durch die zahlreichen Anhänger des neuen Glaubens politisch zu zerfallen. Die Hochburgen der katholischen Kirche wollten diese Machteinbuße nicht hinnehmen und kämpften mit Feuer und Schwert gegen Abtrünnige.

In dem Glaubens umstrittenen Grenzort Gerolzhofen wurde mit der Hinrichtung von nahezu 200 Truden und Truttnern 1616 begonnen.

 

In Würzburg waren in einem neu erbauten Gefängnis 10 Räume für Unholde reserviert.

Der Bischof von Ehrenburg trieb die Vernichtung seiner Gegner und damit die Einziehung ihrer Vermögen so wahnwitzig, daß ihn die fränkische Reichsritterschaft wegen Verletzung des Religionsfriedens beim Kaiser verklagte. Als die Schweden das Gebiet eroberten, hörte der Wahnsinn auf.

 

Die Opfer in zahlreichen kleineren Orten sind oftmals bis heute nicht bekannt. So waren in der Grafschaft Rothenfels mit den Ortschaften Waldzell, Karbach, Harlach u. a. zwischen 1616 und 1626 78 wegen Hexerei verurteilt und 14 weitere Opfer sind in Marktheidenfeld verzeichnet. [4]

 

 

Die Chronik der Ereignisse

 

Bereits 1508 hatte der Abt des Würzburger Schottenklosters Trithemius auf Anfragen des Kaisers Maximilian geantwortet, das ganze Land sei voller Hexen. Man finde sie überall, selbst im kleinsten Dorf. Und dieses Laster müsse überall ausgerottet werden.

Zauberei mit Sprüchen und Segensprechen war auch im Würzburger Gebiet weit verbreitet.

 

1470

wurde in Würzburg die Dienstmagd eines Bürgermeisters wegen Liebeszaubers ertränkt. Nicht alle als Hexen Verhafteten wurden in der frühen Zeit auch gefoltert, ähnlich wie sich dies auch in Nürnberg zeigte. Man hielt sich hier zunächst an die CCC (Kaiserliche Carolina).

1545

Prozeß mit Folter gegen sechs wegen Zauberei und Hexerei Verhafteter, davon waren fünf Männer (drei Brüder).

ab 1550

Weite Gebiete des Bistums waren protestantisch geworden.

1557

Eine Frau als Hexe angeklagt.

1573-1617

Regierungszeit des Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn, der ein erklärter Verfolger von Juden, Hexen und Ketzern war. Er griff persönlich in die Hexenprozesse ein.

um 1590

Grenzstreitigkeiten und Übergriffe kurmainzischer Beamter 1590, 1593, 1596, 1598.

1590, 1593, 1596, 1598

Einzelne Hexenprozesse im Bistum Würzburg,

1600, 1616 und 1626

Unwetter und Missernten (später vom Fürstbischof als Hexenwerk interpretiert)

1606-1614

Einzelne Verbrennungen in Würzburg, Mellrichstadt, Karlstadt und Volkach.

1611

Konflikt zwischen Julius Echter und dem Grafen Wolfgang von Castell, der keine Hexen hinrichten lassen wollte.

Um 1616/17

Ca. 300 Hinrichtungen unter Julius Echter. 50 Hinrichtungen in Freudenberg (war lange Zeit lutherisch und in den Bauernkrieg involviert).

260 Personen wurden in Gerolzhofen als Hexen hingerichtet.

Gezieltes Hexenjagen im Würzburger Gebiet, die Bevölkerung ist aufgehetzt und schließt Bünde gegen Hexen.

1617-1623

Regierungszeit des Bischof Gottfried von Aschhausen, der als erklärter Hexenjäger ein eigenes Hexengefängnis erbaut und Gebete gegen Hexen anordnet. Er ließ den Leichnam der Schultheißin Margaretha Scheubenaß von Buch (Amt Stolberg)

ausgraben und verbrennen, da sie nicht der Erde würdig sei.

Er überließ den Mainzern die Besagungen aus den Hexenprozessen, um ihnen weitere Verfolgungen auf ihrem Gebiet zu ermöglichen.

Weitere Hinrichtungen in Gerolzhofen.

1620

Erlaß, besondere Hexen-Kollekten in den Kirchen zu lesen.

1623-1631

Regierungszeit des Fürstbischof Philipp Adolph von Ehrenburg.  Seine erbarmungslose Hexenverfolgung war als “Würzburgisch Werk” überall im Reich bekannt. Sein Tun wurde in München als Vorbild gerühmt. Ein Drittel der Bürgerinnen der Stadt Würzburg war in Hexenprozesse verwickelt.

1625

Neue Prozesse auch in der protestantischen Reichsstadt Schweinfurt.

1626

In Oberlauda ein Fall von Lynchjustiz durch die verhetzte Bevölkerung. In Miltenberg und Lohr (mainzsches Gebiet) Verbrennungen. In Zeil und Bamberg zahlreiche Hinrichtungen.

1626-1629

Mehrere hundert Prozesse in Würzburg.

1627

Wiederum Mandat gegen die Hexen, Verbrennungen in Gerolzhofen. In Würzburg führen bereits drei Besagungen in der Folter, statt sechs, wie andernorts üblich, zur Festnahme. Es werden 113.700 fl. Konfiskationen gefordert.

1627

versucht der als Hexer beschuldigte ehemalige Examinator Dr. Johann Friedrich Burkhardt am Reichskammergericht in Speyer ein Mandat gegen den Fürstbischof zu erreichen. Daraufhin lud das Reichskammergericht den Fürsten selber vor, damit er sich verantworte. Der Bischof selbst wird als Teilnehmer von Hexentänzen in der Folter angegeben.

30. Aug. 1629

42. Brand der Hexen, seitdem keine Hinrichtungen mehr. Es waren auch mindestens 50 Kleriker hingerichtet worden. Kaiserliches Mandat des Reichskammergerichts in Speyer gegen die Hexenverfolgung an den Fürstbischof in Würzburg. Ende der Verfolgungen, Entlassungen der Eingekerkerten.

1630/1631

Einmarsch der Schweden.

1642

Antritt der Regentschaft des Fürstbischof Johann Philipp von Schönborn, der ein Gegner von Hexenprozessen war. Ende der Verfolgungen im Bistum Würzburg [5]

 

 

Eine Teufelsaustreibung durch Jesuiten

 

Der Knabe Ernst von Ehrenburg, der einzige Verwandte des Fürstbischof zu Würzburg, war wegen Hexerei und Teufelsverführung angeklagt. Der Bischof versuchte, ihn durch Jesuiten, die den Knaben bekehren sollten, scheinbar zu retten.

Die Glaubenseiferer behängten den Buben mit Amuletten, mit “Agnus Dei” (vermutlich auf Papier geschriebene Gebete als Abwehrzauber), mit Wachs, Reliquien und Weihwasser. Derlei Vertrieb bringt der Kirche allerorten bis heute viel Geld ein.

 

Die Teufelsaustreiber mußten aber leider feststellen, daß das Opfer nachts einige der Objekte abgenommen hatte und mit dem Teufel zu seinen Hexentreffen ausgefahren war.

Nach erfolgter Buße und Reue wurde der Page mehrmals rückfällig und konnte auch von Franziskanern nicht errettet werden. Schließlich mußte ihm der Kopf abgeschlagen werden.

Einer der Jesuiten mit Namen Gropp hat als Zeuge der Ereignisse diese Geschichte aufgezeichnet, und zweifellos wurde der Knabe Ernst zur Warnung den Zöglingen oftmals vor Augen geführt. Die Geschichte soll einst bei einem Schulspiel in Heidelberg aufgeführt worden sein. [6]

 

 

Liste der Opfer in 29 Bränden

 

“Verzeichnis der Hexen-Leut, so zu Würzburg mit dem Schwert gerichtet und hernacher verbrannt worden.

Im ersten Brandt vier Personen. Die Lieblerin. Die alte Anckers Witwe. Die Gutbrodtin. Die dicke Bäckerin.

Im andern Brandt vier Personen. Die alte Beutlerin. Zwey fremde Weiber. Die alte Schenckin.

Im dritten Brandt fünf Personen. Der Hungersieber, ein Spielmann. Die Kulerin. Die Stierin, eine Procuratorin. Die Bürsten-Binderin. Die Goldschmidin.

Im vierdten Brandt fünf Personen. Die Siegmund Glaserin, eine Bürgermeisterin. Die Birckmannin. Die Schickelte Amfrau (Hebamme) von der kommt das ganze Anwesen her. Die alte Rumin. Ein fremder Mann.

Im fünften Brandt acht Personen. Der Lutz ein vornehmer Kramer. Der Kutscher, ein Kramer. Des Herrn-Dom- Probst-Vögtin. Die alte Hof-Seilerin. Des Jo. Steinbacks Vögtin. Die Baunachin, eine Ratsherrnfrau. Die Znickel Babel. Ein alt Weib.

 Im sechsten Brandt sechs Personen. Der Rath-Vogt, Gering genannt. Die alte Kanzlerin. Die dicke Schneiderin. Des Herrn Mengerdörfers Köchin. Ein fremder Mann. Ein fremd Weib.

Im siebenten Brandt sieben Personen. Ein fremd Mägdlein von 12 Jahren. Ein fremder Mann. Ein fremd Weib. Ein fremder Schultheiß. Drey fremde Weiber. Damahls ist ein Wächter, so theils Herren ausgelassen, auf dem Markt gerichtet worden.

Im achten Brandt sieben Personen. Der Baunach, ein Raths-Herr, und der dickste Bürger zu Würzburg. Des Herrn Dom-Probst-Vogt. Ein fremder Mann. Der Schleipner. Die Visirerin. Zwei fremde Weiber.

Im neundten Brandt fünf Personen. Der Wagner Wunth. Ein fremder Mann. Der Bentzen Tochter. Die Bentzin selbst. Die Everingin.

Im zehnten Brandt drei Personen. Der Steinacher, ein gar reicher Mann. Ein fremd Weib. Ein fremder Mann.

Im elften Brandt vier Personen. Der Schwerdt, Vicarius am Dom. Die Vögtin von Rensacker. Die Stiecherin. Der Silberhans, ein Spielmann.

Im zwölften Brandt zwey Personen. Zwey fremde Weiber.

Im dreyzehenden Brandt vier Personen. Der alte Hof-Schmidt. Ein alt Weib. Ein klein Mägdlein von neun oder zehn Jahren. Ein geringeres, ihr Schwesterlein.

Im vierzehenden Brandt zwei Personen. Der erstgemeldeten zwey Mägdlein Mutter. Der Lieblerin Tochter von 24 Jahren.

Im fünfzehenden Brandt zwey Personen. Ein Knab von 12 Jahren in der ersten Schule. Eine Metzgerin.

Im fünfundzwanzigsten Brandt sechs Personen. Der Friedrich Basser, Vicarius im Dom-Stift. Der Stab, Vicarius zu Hach. Der Lambrecht, Chor-Herr im neuen Münster. Des Gallus Hausen Weib. Ein fremder Knab, die Schelmerey Krämerin.

Im sechsundzwanzigsten Brandt sieben Personen. Der David Hans, Chor-Herr im neuen Münster. Der Weydenbusch, ein Raths- Herr. Die Wirthin zum Baumgarten. Ein alt Weib. Des Volckenbergers Töchterlein ist heimlich gerichtet, und mit der Laden verbrannt worden. Des Raths-Vogts klein Söhnlein. Der Herr Wagner, Vicarius im Dom-Stift, ist lebendig verbrannt worden.

Im siebenundzwanzigsten Brandt sieben Personen. Ein Metzger, Kilian Hans genannt. Der Hüter auf der Brücken. Ein fremder Knab. Ein fremd Weib. Der Hasnerin Sohn. Der Michel Wagner, Vicarius zu Hach. Der Knor, Vicarius zu Hach.

Im achtundzwanzigsten Brandt, nach Lichtmeß anno 1629 sechs Personen. Die Knertzin, eine Metzgerin. Der D. Schützen Babel. Ein blind Mägdlein. Der Schwart, Chor-Herr zu Hach. Der Ehling, Vicarius. Der Bernhard Mark, Vicarius am Dom-Stift, ist lebendig verbrannt worden.

Im neunundzwanzigsten Brandt sieben Personen. Der Viertel Beck. Der Klingen Wirth. Der Vogt zu Mergelsheim. Die Beckin bei dem Ochsen-Thor. Die dicke Edelfrau. Ein geistlicher Doctor, Meyer genannt, zu Hach, und ein Chor-Herr ist früh um 5 Uhr gerichtet und mit der Bar verbrannt worden. Ein guter vom Adel, Junker Fischbaum genannt. Ein Chor-Herr zu Hach ist auch mit dem Doctor eben um die Stunde heimlich gerichtet, und mit der Bar verbrannt worden. Paulus Vaecker zum Breiten Huet.

Seithero sind noch zwey Brände gethan worden.”

 

(Liste der 29 Brände, die in Würzburg 1627-29  zur Vernichtung von Hexen und Zauberern entfacht wurden. Es waren 157 namentlich genannte Opfer aus allen Berufsschichten und Gesellschaftsständen. Diese Liste ist unvollständig, die Brände wurden bis 1630§1 fortgesetzt.)

 

Bild: Hl. Kilius mit gezogenem Schwert (?)

 

 

 


Quellen dieser Seite:

[1]   Voltmer, 2011.

[2]   Renate Tullius, Christine Weißner, Christel de Azevedo, , Manuskript anlässlich der Ausstellung: Hexenjagd in Franken, Maschinenschrift, Gleichstellungsstelle Würzburg, 1997.

Die Ausstellung Hexenverfolgung in Franken der Gruppe Raute wurde auf Anregung der von Pfarrerin Strattner aus Gnülzheim /Marktbreit im Rathaus  Würzburg gezeigt. Ein Gedenkgottesdienst an die als Hexen Hingerichteten fand in der evangelischen St. Johanneskirche mit Pfarrerin Wildfeuer 1998 statt.

[3]   Voltmer, Hexen, Begleitbuch, 2011, 167.

[4]   Ich danke Herrn Erwin Glaser für diese Hinweise und die Belege.

[5]   Elmar Weiß, Die Hexenprozesse im Hochstift Würzburg, in: Peter Kolb u.a. (Hg.), Unterfränkische Geschichte, Würzburg, 1995, S.327-362 .

[6]   Gropp, Collect. II, zit. in: Soldan-Heppe, a. a. O.