Gerolzhofen im Bistum Würzburg

In der Stadt Gerolzhofen (seit dem 14. Jahrhundert), das zum Gebiet des Fürstbistum Würzburg gehörte, wurden zahlreiche Menschen, mehr als zwei hundert  Personen, vorwiegend Frauen, als Hexen verbrannt. In den Jahren 1616/7 und 1626–30 wurden über 200 Personen als Hexen hingerichtet. Soweit bekannt, begannen die Verfahren erst 1603 und endeten mit dem Einzug der Schweden im 30jährigen Krieg um 1630. Inzwischen hatte der Kaiser Ferdinand Gerolzhofen besucht, sich aber offenbar nicht in die Handhabung der Hexenprozesse eingemischt.

 

Der Fürstbischof Johann Gottfried von Aschhausen vom Bistum Würzburg und in Personalunion mit dem  Bistum Bamberg um 1602–1623 ist bekannt für seine fanatische Verfolgung von Hexen und Glaubensabtrünnigen. Er hatte eigenes Zehntgericht eingerichtet, deren Mitglieder er solange auswechselte, bis die grausamsten Verhöre durchgeführt wurden und die Gefolterten auch nach mehrmaligen Widerrufen von den Schöffen einstimmig zum Tode durch Verbrennen abgeurteilt wurden. Der Fürstbischof selbst hatte sich die Bestätigung des Urteils vorbehalten und trug mit seinen eigenen Befehlen oftmals noch zur Verschärfung der Qual bei.

 

Auch hier fiel das ganze Vermögen der Hingerichteten dem Fürstbistum zu, was, nach den Inventarlisten zu schließen, beträchtliche Summen waren. Mit Geld konnte auch eine gnädige Hinrichtung mit dem Schwert statt des grausamen Verbrennens erkauft werden. Die Gefolterten und Verurteilten vermachte oftmals unter Druck testamentarisch ihre Hinterlassenschaft als Stiftung dem Bistum oder der katholischen Kirche.

 

Die ausführlichen Verhörprotokolle aus Gerolzhofen sind uns erhalten geblieben und bezeugen dieses. Die Verfemten, die in Gerolzhofen als Hexen und Hexer verbrannt wurden, stammten vorwiegend aus kleinen Dörfern der Umgebung von Königsberg und von Baunach, beides Gegenden, in denen sich viele dem Bauernkrieg und der lutherischen Lehre angeschlossen hatten. Dieses Gebiet überzog der Fürstbischof einer strengen Gegenreformation. Zahlreiche Lutheraner, die nicht wieder zum katholischen Glauben zurückkehren wollten, verloren ihr Hab und Gut und mussten fliehen. Viele begüterte Familien gelangten in das protestantische Nürnberg. Andere, die bleiben wollten oder mussten, beugten sich und ließen sich wiederum firmen.

 

In Gerolzhofen gab es einen eigenen Verbrennungsofen für die als Hexen Verurteilten oder Hingerichteten. Das erinnert an die Verbrennungsöfen in den KZ der Nationalsozialisten im zweiten Weltkrieg. Man wollte Brennmaterial sparen.

 

Im Baunach-Grund in Unterfranken führte zunächst der fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn Ende des 16. Jahrhunderts einen harten Kampf gegen die Lutheraner und verlangte deren Rekatholisierung oder wies sie aus. In Gerolzhofen verweigerten 70 Bürger in Gerolzhofen und eben so viele in Dettelbach, diesem Ansinnen zu gehorchen. [1] Danach wiederholte der Fürstbischof von Würzburg ab 1628 einen harten Glaubenskampf gegen Lutheraner. Viele Pfarrer und BürgerInnen mußten Baunach, Leutzendorf, Reckendorf und Ebern ihres Glaubens wegen verlassen oder abschwören. [2]
 

Viele Orte standen dann leer.

Es lagen in dieser Gegend die Herrschaftsbereiche von drei Obrigkeiten nahe beieinander, denn Königshofen gehörte zum Erzbistum Mainz und das nahe gelegene Lauda zum Bistum Würzburg. Dazwischen lag protestantisches Markgrafenland. Bis in die nächste Nachbarschaft erstreckte sich das Herrschaftsgebiet der Deutschordenskomturei Mergentheim, wo ca. 136 Hexen und Hexer, besonders in der Zeit zwischen 1628 und 1631 unter dem Hexenjäger Dr. Ernst Vasoldt aus Bamberg verbrannt wurden.

 

So wurde das Verfolgen der Hexen und Glaubensabtrünniger im ersten Drittel des 17. Jh. in den Fürstbistümern Bamberg, Würzburg in Verbindung mit dem Bistum Mainz und im Nachbargebiet der Deutschordenskomturei durchgeführt. Zwischen diesen Verfolgungen Missliebiger bestehen zweifellos Verbindungen.

 

In Gerolzhofen wurde der erste bekannte Hexenprozess gegen die Ofenmacherin aus Lauda geführt. Sie besagte in der unerbittlich strengen und mehrfach wiederholten Folter zahlreiche andere. Diese Aussagen bildeten die Grundlage für weitere Verfolgungen und führten zu unrechtmäßigen Prozessserien, wie sie aus den Fürstbistümern Würzburg, Bamberg, Eichstätt, aber auch aus Mainz und Köln bekannt sind. [3]

 

1603

Die Ofenmacherin aus Lauda wird gefoltert, bekennt, widerruft, bekennt, widerruft wiederum, wird verbrannt. Ein eigenes Schöffengericht wird zusammengesetzt, deren Mitglieder mehrfach ausgewechselt. Ausführliche Verhörprotokolle sind vorhanden. [4]

1611

Barbara Meyer, Johann M. Ehefrau vom Grafen von Castell wird verhört, gefoltert, verbrannt.

1615/16

Kunigund Schmidt aus Schallfeld, zunächst freigelassen, dann in Gerolzhofen auf Befehl des Fürstbischof von Würzburg vom Nachrichter Knecht gefoltert, verbrannt mit anderen zusammen.

1616

Die Wagnerin verbrannt. Christine verbrannt.  Anna Büttnerin verhaftet. Anna Bürgerin verhaftet.  Nikolaus Wagner verbrannt. Barbara Voglin verbrannt.  Julius Jakob Koch verbrannt.  Valentin Stör verbrannt.  Ehefrau Stör von Aletzheim verbrannt. …Insgesamt 99 Personen verbrannt (teilweise sind die Namen und die Herkunftsorte angegeben).

1617

88 weitere Verbrennungen aus Michelau, Gerolzhofen, Euerheim, Krautheim, Aletzheim.

1618

26 Personen als Hexen verdächtigt, eingekerkert und weitere im Gefängnis gehaltene verhört aus weiteren Orten wie Michelau und Zeulitzheim.

1619

71 Personen verhört, gefoltert und teilweise hingerichtet.

1620

Besuch des Kaisers Ferdinand. Weitere Hexenprozesse nach Abzug der Liga.

1625

Hausfrau des Hans Knorr von Knetzgau und viele andere eingekerkert, verhört, teilweise hingerichtet.

1627

Allgemeine Hexenverfolgung im Bistum Würzburg und besonders in Zeil, das zum Bistum Bamberg gehörte 4 Hinrichtungen in Stadt Volkach. Ebenso in Königshofen: Margaretha Urban von Herbelstadt, Julius Michael Geißler, Ratsherr,  Johann Moll, Margaretha Krämer aus Ipthausen.

Ab 1628

Bei 42 Urteilen werden 219 Personen hingerichtet. 

1630

Die Hexenverbrennungen enden mit dem Einmarsch der protestantischen Schweden in dieses Gebiet im 30jährigen Krieg.

 

 

Die Ofenmacherin aus Lauda, 1603 in Gerolzhofen verbrannt  

 

Das Verhör der Ofenmacherin mit der ersten in Gerolzhofen bekanntgewordene Hinrichtung einer als Hexe Verurteilten. Das Verhör ist sehr ausführlich und erstreckt sich über 10 Wochen. Die Angeklagte hat immer wieder unter der Folter gestanden, das, was die Richter in sie hineingefragt haben, und hat in den Zwischenzeiten, wenn die Folter gelockert oder beendet wurde, ihre Geständnisse widerrufen. Eigentlich hätte sie der Constitutio Criminalis Carolina folgend nach einem Widerruf weder hingerichtet noch weiter gefoltert werden dürfen.

 

Ihre Leiden zeigen, wie willkürlich und scharf im Fürstbistum vorgegangen wurde. Der Fürstbischof Johann Gottfried hat selbst eingegriffen und mehrfach die Schöffen, die seiner Meinung nach zu wenig streng waren, ausgewechselt. So am 23. Juni, am 28. Juni, am 4. Juli 1603. Es blieben schließlich nur noch die Namen derer übrig, die auf Verbrennung plädierten. Der einzige, der sich gegen ein Todesurteil ausgesprochen hatte, der Hofschultheiß Georg Sauer, wurde aus dem Zehntgericht herausgenommen.

 

Die Geständnisse der Ofenmacherin waren zunächst ganz harmlos, und sie leugnete größere Verbrechen, sowie, eine Hexe zu sein. 

Erst im Laufe des Verhöres wurde immer mehr auf die üblichen Komplexe abgehoben wie: Teufelstaufe, Sakramentschändung und Kindsmord oder Hexentanz und Auffliegen

 

Unter anderem sagte die Angeklagte:

 

Sie sei keine Hexe, “sie wolle gern sterben, wenn sie eine solche Frau wäre, wölle sich gern verbrennen lassen, die Herren wöllen ihr Leib und Seel nit beschweren (gemeint ist, sie wolle ihr Gewissen nicht durch Lügen beschweren)”.  Wie sie bedrängt wird, den Schultheißen zu Bekheim zu belasten, verweigert sie die Aussage. Daraufhin wird sie weiter gefoltert und beschuldigt ihn dann: “sie kenne den Schultheißen... welcher ihr eine Kuh um 14 Gulden habe abkaufen wollen, die sie um 18 Gulden an ihre Nachbarin verkauft habe. Hierin möchte wohl die Ursach dessen Feindschaft gegen sie liegen, daß er sie als eine Hexe angegeben habe”. Es ist auch möglich, daß die Richter dieses nur behaupteten, um von ihr eine Beschuldigung gegen den Schultheißen zu erzwingen. Nach weiterer Folterung gibt sie an, mit der Schultheißin getanzt zu haben. Das bedeutet, sie phantasiert von den Hexentreffen und gibt zu, dort die Schultheißin gesehen zu haben. Es folgen weitere Phantastereien, die durch die offenbar gezielten Fragen in der Tortur erwirkt wurden. 

 

Erst jetzt erzählt sie vom Ausfahren auf der Gabel und “daß sie die Schmier (Flugsalbe) in einem kleinen hölzernen Büchslein von dem Ammenfräulein, welches solche verfertigt, erhalten habe, und zwar verfertigt von einem ungetauften Kindlein des Albert Tochter Kind, das sie auf dem Friedhof ausgegraben, in ein altes Tuch gewickelt, in die Kötzen gelegt und in des Ammenfräuleins Haus getragen hätte, wo es gesotten worden...”. Sie wird wiederum gefoltert und gefragt, ob sie das heilige Sakrament verunehrt habe, was sie aber nicht zugeben will. Schließlich gibt sie auch das zu. 

 

Sie sagt nach dem Geständnis und einem weiteren Widerruf, “sie habe diese Dinge kennengelernt in einem Urteile zu Königshofen und Bischofsheim, das sie vorlesen gehört”

Sie nimmt wiederum mehrfach Geständnisse zurück und gesteht wieder in der Folter. Am Schluß nimmt sie alles, was sie gestanden, zurück.  Darauf ändert sie jeweils ihre Aussagen, wenn die Folter nachlässt, gibt sie einiges zu. Ein Büchslein wird ihr gezeigt, das sie nicht als ihres anerkennt (das Büchslein sollte der Beleg für die Hexensalbe sein).

 

Bei dem Fall der Ofenmacherin, dem ersten in einer Reihe von Hexenprozessen in Gerolzhofen, wird deutlich, daß die harmlosen Aussagen durch ständige Folter zu den Aussagen gebracht werden, die die Richter haben möchten. Dabei werden im Laufe des Prozesses zunehmend die üblichen Fragen aus dem Hexenhammer angewendet. Die Aussagen richten sich dann nach den Fragestellungen, so daß eine gewisse Gleichheit der Aussagen im Verlaufe der Prozesse zu verzeichnen ist. Ebenso wird deutlich, daß die Ofenmacherin zwei Urteile gehört hat, die bei Verbrennungen öffentlich vorgelesen wurden, und sich an diese Aussagen auch gehalten hat. 

So kommen die immer wieder bestätigten Hexentreffen, das Morden der Kinder und die Sakramentsschändungen in den Aussagen zustande.

 

Es wird auch deutlich, daß die Frauen kaum Möglichkeiten hatten, der Folter zu entfliehen. Bei Geständnissen und auch bei Widerrufen wurden sie jeweils unentwegt weiter gefoltert, bis die entsprechenden Aussagen und Belastungen zustande gekommen waren. 

Dieses Verfahren der Richter, die vom Fürstbischof willkürlich ausgewechselt wurden, hatte mit der Rechtsprechung, wie sie in der Carolina festgelegt worden war, nichts mehr zu tun.

Ähnliches ist in den Hexenprozessen in Zeil, in Bamberg und in Würzburg feststellbar.

 

Die Ofenmacherin wurde zum Tode durch Verbrennen verurteilt.

 

Der Fürstbischof von Würzburg Gottfried von Aschhausen bestätigte das Urteil. Offenbar sollte diese Verbrennung Leitbild werden für weitere Prozesse, Verhöre, Aussagen und Verbrennungen.

Es ist festzustellen, daß sich die erhalten gebliebenen Verhörprotokolle aus Zeil, Bamberg, Würzburg und Gerolzhofen ähneln und sich jeweils nach dem Vorbild des ersten Prozesses richten.

 

Die ersten Aussagen der Beschuldigten, die nicht unter Folter erzwungen wurden, waren zumeist harmlose Heilversuche mit Kräutern, Streitereien oder Verdächtigungen aufgrund eines Unglücks. [5]

 

 

 


Quellen dieser Seite:

[1]   Simon, 1942, Bd. 2, 388 f.

[2]   Günter Dippold, Konfessionalisierung am Obermain. Reformation und Gegenreformation in den Pfarrsprengeln von Baunach bis Marktgraitz, Staffelstein, 1996 (Promotionsarbeit der Universität Bamberg, Prof. Dr. Bernd Zimmermann.

[3]   Ich danke Herrn Stadtarchivar Matthias Endriß für freundliche Hinweise. Derzeit wird an einer neuen Stadtgeschichte von Gerolzhofen gearbeitet. (2012 soll sie erscheinen). Das Kapitel zur Evangelischen Pfarrei wird von dem . Diözesanhistoriker Erik Soder geschrieben.

[4]   StAA Würzburg Ger. Gerolzhofen 217 (VIII)

[5]   Jäger, Geschichte des Hexenbrennens in Franken im 17. Jh. aus Original – Prozeß - Akten, in: Archiv des Historischen Vereins für den Untermainkreis, 2. Bd., 3. H., Würzburg, 1834, S. l – 73.